Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 9

PANORAMO-RECHERCHE ZU I-MVZ Spekulanten schlucken Deutschlands Praxen „Wem gehören Deutschlands Arztpraxen? Den Ärzten, die auf dem Türschild stehen?“ Diese Frage stellen Journalisten von Panorama. Ihre Antwort: In vielen Fällen nicht mehr. Internationale Finanzinvestoren kaufen bei uns Kleinstkliniken, um über diesen Umweg hunderte Praxen lukrativer Fachrichtungen zu erwerben und Renditen von bis zu 20 Prozent pro Jahr einzustreichen. Die Behandler stehen unter immensem Druck, Umsatz zu machen. Anonym berichtet auch eine Zahnärztin, was sie getan hat. Die Panorama-Redakteure sprachen im Verlauf ihrer monatelangen Recherche mit mehreren Zahnärztinnen und Zahnärzten, die in investorengeführten Praxisketten beschäftigt sind oder waren. Eine erzählt schließlich anonymisiert vor laufender Kamera, dass sie hunderte Patienten behandelt und am Ende gekündigt habe. Aus Gewissensbissen, wie sie sagt. EIN PATIENT OHNE GELD IST KEIN GUTER PATIENT In der Praxis habe ständig ein enormer wirtschaftlicher Druck geherrscht, immer, jeden Tag. Die Umsätze der Behandler innerhalb der Kette hätten die Chefs vor dem Team regelmäßig verglichen, außerdem hätten sie Behandlungskataloge empfohlen. So kam es nach Darstellung der Zahnärztin in ihrem Fall wiederholt dazu, dass sie gesunde Zähne angebohrt, Patienten ohne medizinische Indikation dringend eine prothetische Versorgung empfohlen oder Leistungen abgerechnet hat, die es gar nicht gab. Die Vorgabe war demnach, dem Patienten besonders lukrative Behandlungen vorzuschlagen, möglichst mit hohen privaten Zuzahlungen. Wenn er sich eine solche Versorgung nicht leisten kann, „dann ist der Patient nichts mehr für uns“. Der Interessenverband der investorengeführten Zahnarztpraxen bestreitet, dass dieses Prozedere System hat. Ein solches Vorgehen würde „unseren Grundsätzen widersprechen“, schreibt der Bundesverband für nachhaltige Zahnheilkunde (BNZK) auf Panorama-Anfrage, und wäre darüber hinaus auch nicht im Einklang mit den gesetzlichen Vorgaben. Investorengeführte Zahnarztpraxen würden weder anders abrechnen noch in die Behandlungsfreiheit der Ärzte eingreifen. Das belege eine Studie, argumentiert der Verband. Befragt wurden dafür 24 (sic!) Praxen, an denen Investoren beteiligt sind, Auftraggeber waren die Ketten selbst. Ein Interview lehnt der BNZK ab. Eine Zahnärztin äußert sich vor laufender Kamera in Panoramo (zur Sendung führt der QR-Code) über die Arbeitsbedingungen in einem investorengeführten Praxisverbund. Screenshot zm / Das Erste, Panorama-Sendung vom 7. April 2022 26 | POLITIK

RkJQdWJsaXNoZXIy MjMxMzg=