Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 9

Gesamtanzahl der Studien 679 Patientinnen und Patienten einbezogen. ERGEBNISSE Die Ergebnisse zeigten, dass zahnärztliche Schienen mit adjustierter Oberfläche die effektivste Behandlung für eine Verringerung der Schmerzintensität bei Patienten mit craniomandibulären Dysfunktionen sind (Evidenz von niedriger Qualität). Okklusionskontaktfreie Schienen führen jedoch zum gleichen therapeutischen Ergebnis. Somit wirkt sich das Tragen einer zahnärztlichen Schiene erst einmal positiv auf die Schmerzintensität aus, wobei es keinen signifikanten Unterschied macht, ob die Schiene eine adjustierte Oberfläche besitzt oder nicht. Auch um die Häufigkeit des Schmerzauftretens zu reduzieren, eignet sich die Behandlung mit einer okklusal adjustierten Schiene (Evidenz moderater Qualität). Im Vergleich dazu führt die Schiene ohne adjustierte Oberfläche quantitativ nur zu einer geringfügigeren Schmerzreduktion (Evidenz von niedriger Qualität). Wenn es somit darum geht, wie oft bei den Patienten der CMD-Schmerz auftritt, scheint die Schiene mit okklusal adjustierter Oberfläche therapeutisch besser geeignet zu sein als die Schiene ohne okklusal adjustierte Oberfläche. DISKUSSION Die zahnärztliche Schienentherapie ist eine von vielen Therapieoptionen zur Behandlung von Bruxismus und craniomandibulären Dysfunktionen [Meyer et al., 2013]. Das Tragen einer zahnärztlichen Schiene kann auftretenden Schmerzen myogenen, arthrogenen oder kombinierten Ursprungs entgegenwirken. Inwieweit der Placeboeffekt eine Rolle bei der schmerzlindernden Wirkung der zahnärztlichen Schiene spielt, konnte im Rahmen des Reviews nicht sicher beantwortet werden. Zu den Anhaltspunkten, die für einen Placeboeffekt sprechen, gehört die Erwartung einer Schmerzlinderung durch das Tragen einer zahnärztlichen Schiene. Unabhängig von der okklusalen Gestaltung scheint die anfängliche Reaktion der Patienten auf die zahnärztliche Schiene erst einmal positiv zu sein. Der Placeboeffekt könnte außerdem eine plausible Erklärung dafür darstellen, dass kein signifikanter Unterschied in der Schmerzintensität zwischen der Therapie mit einer Schiene mit oder ohne adjustierte Oberfläche gefunden werden konnte. Zusätzlich sollte diskutiert werden, inwieweit die Schmerzintensität und die Schmerzreduktion verlässliche Parameter zur Bewertung der Wirksamkeit der Behandlung sind. Denn wenn es darum geht, dass der Patient eine allgemeine Verbesserung seiner Schmerzen wahrnimmt, spielen auch andere Faktoren eine entscheidende Rolle. Dazu gehören Faktoren wie Kieferbewegungen, Müdigkeit, psychosoziale ebenso wie verhaltensbezogene Aspekte und Komorbiditäten wie Depressionen und Ängste, die berücksichtigt werden sollten [Feine, 2000]. WAS BEDEUTEN DIE ERGEBNISSE FÜR DIE TÄGLICHE PRAXIS? Auf der Grundlage dieser Ergebnisse zeigte sich, dass sich das Tragen der zahnärztlichen Schiene positiv auf die Schmerzintensität des Patienten auswirkt. Dies ist von der okklusalen Gestaltung der zahnärztlichen Schiene erst einmal unabhängig. Die Schiene ohne adjustierte Oberfläche verringert die Schmerzintensität dabei genauso wie die Schiene mit adjustierter Oberfläche. Wenn es jedoch um die Häufigkeit des Schmerzauftretens geht, ist die Schiene mit okklusal adjustierter Oberfläche therapeutisch effektiver. Welche zahnärztliche Schiene dem Patienten eingesetzt werden soll, muss vom Behandler individuell entschieden werden, nicht zuletzt deshalb, weil der Erfolg der Schmerzbehandlung von verschiedenen Faktoren abhängt. Inwieweit weitere Faktoren den Behandlungserfolg beeinflussen, ist noch nicht abschließend geklärt und sollte weiter untersucht werden. \ Alkhutari, A. S., Alyahya, A., Rodrigues Conti, P. C., Christidis, N. & Al-Moraissi, E. A. (2021): Is the therapeutic effect of occlusal stabilization appliances more than just placebo effect in the management of painful temporomandibular disorders? A network meta-analysis of randomized clinical trials. The Journal of prosthetic dentistry, 126(1), 24–32. https://doi.org/10.1016/j.prosdent. 2020.08.015 Foto: Marie-Elise Jennes Abb. 1: Intraorale Aufnahme einer gefrästen Michiganschiene nach prothetischer Eingliederung. Abb. 2: Links: gefräste Michiganschiene (3Shape, Dental System: Appliance Designer - Fräsmaschine: Ivoclar Vivadent PM7). Rechts: tiefgezogene, zahnärztliche Schiene. Foto: Robert Nicic UNIV.-PROF. DR. FLORIAN BEUER, MME Charité – Universitätsmedizin Berlin, Campus Benjamin Franklin, Abteilung für Zahnärztliche Prothetik, Alterszahnmedizin und Funktionslehre Aßmannshauser Str. 4–6, 14197 Berlin Foto: privat ZM-LESERSERVICE Die Literaturliste kann auf www.zm-online.de abgerufen oder in der Redaktion angefordert werden. zm112, Nr. 9, 1.5.2022, (859)

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