Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 9

zm112, Nr. 9, 1.5.2022, (860) Grundsätzlich gilt: Vereinbarungen für ein einheitliches Erscheinungsbild können im Arbeitsvertrag festgehalten werden. Der Arbeitgeber könne aber auch entsprechend § 106 Gewerbeordnung nach billigem Ermessen das äußere Erscheinungsbild festlegen, erklärte Arbeitsrechtler Dr. Christopher Rinckhoff aus Berlin. Dabei ist insbesondere das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers zu beachten. Letztlich sind drei Faktoren zu unterscheiden: Zunächst ist der Arbeitgeber gehalten, bei Maßnahmen des Arbeitsschutzes die arbeitswissenschaftlichen Erkenntnisse einzuhalten. Das heißt, Bekleidungsoder Verhaltensvorschriften dienen dem Schutz der Mitarbeitenden. Sie sind auch verpflichtet, diesen aus Gründen des Arbeitsschutzes ergehenden Weisungen Folge zu tragen (§ 15 ArbSchG), erläutert Rinckhoff. ABWÄGUNG IM EINZELFALL NOTWENDIG Weiterhin gilt: Immer dort, wo medizinische Eingriffe eine spezielle Schutzkleidung oder ein bestimmtes Erscheinungsbild etwa bei Haaren oder Nägeln vorschreiben, müssen Angestellte sich daran halten. Denn hier geht es um Patientenschutz. Dann muss das allgemeine Persönlichkeitsrecht zurückstecken. Schließlich kann die Praxisinhaberin oder der Praxisinhaber auch ein berechtigtes Interesse an einer bestimmten einheitlichen „Optik“ seiner Angestellten haben, um die Erwartungen der Patienten zu erfüllen und um einen positiven Eindruck zu hinterlassen. Hier bedarf es immer einer Abwägung im Einzelfall – je nach Standort und Zielgruppe der Praxis können sich die zulässigen Anforderungen unterscheiden. BIS HIN ZUR FARBE DER UNTERWÄSCHE Wenn das Tragen der Praxiskleidung dem äußeren Erscheinungsbild zugutekommt und die Würde des ERSCHEINUNGSBILD DER MITARBEITENDEN Wie individuell darf es sein? Das Erscheinungsbild des Teams ist Teil der Praxisidentität. Einheitlichkeit vermittelt Geschlossenheit. Doch wo sind die Grenzen zwischen Hygienevorschrift und Arbeitsschutz, Praxisidentität und dem eigenen Persönlichkeitsrecht? Was Mitarbeitende tragen dürfen und was nicht, wird im Folgenden mit der Unterstützung von Arbeitsrechtler Dr. Christopher Rinckhoff und aktuellen Urteilen erklärt. Foto: Adobe Stock_Dmitry Lobanov Tattoos und offene Haare: Was dürfen Arbeitgeber ihren Angestellten beim Erscheinungsbild vorgeben und was nicht? 50 | PRAXIS

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