Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 9

zm112, Nr. 9, 1.5.2022, (862) PATHOGENESE DER PARODONTITIS MRT zeigt mit Gingivitis assoziierte Knochenveränderungen Monika Probst, Egon Burian, Teresa Robl, Florian Andreas Probst, Matthias Folwaczny Aus Forschungen zur rheumatoiden Arthritis ist bekannt, dass sich in sehr frühen Stadien der Erkrankung knöcherne Veränderungen mit Ödemen entwickeln, die in der röntgenbasierten Bildgebung keine Spuren hinterlassen, aber als Vorläufer des später röntgenologisch sichtbaren Knochenabbaus angesehen werden müssen. Eine Arbeitsgruppe um die Neuroradiologin Monika Probst, TU München, hat mithilfe der Magnetresonanztomografie (MRT) gezeigt, dass sich ähnliche Phänomene auch für die frühe Phase einer Parodontitis finden lassen. Einer parodontalen Erkrankung geht meist eine reversible Entzündung voraus, die – nach aktuellem Kenntnisstand – in diesem Stadium auf die Gingiva beschränkt zu sein scheint. Bei einem Fortschreiten dieser Entzündung kann sich daraus eine Parodontitis entwickeln, die durch einen graduellen Abbau von Strukturen des Parodontiums gekennzeichnet ist. Klinisch führt dies zu einer pathologischen Vertiefung des gingivalen Sulkus, was letztendlich zu Zahnlockerungen und schließlich zum Zahnverlust führen kann [Petersen und Ogawa, 2012]. Die derzeitigen Diagnostikmethoden einer Parodontitis beruhen auf der Beurteilung des bereits stattgefundenen Gewebeabbaus. Hierfür werden neben klinischen Parametern wie zum Beispiel Blutung bei Sondierung ergänzend Röntgenaufnahmen zur Beurteilung des Knochenverlusts herangezogen. Bekannt ist, dass der röntgenologisch sichtbare Knochenverlust das tatsächliche Ausmaß des Abbaus oft nicht vollständig widerspiegelt. Ortman et al. beschreiben, dass die konventionelle Bissflügelaufnahme beispielsweise intraossäre radioluzente Läsionen erst ab einer 50-prozentigen Knochendemineralisation erfasst. Was geschieht vorher im Knochen – bevor es zu einer Entkalkung gekommen ist? Wird bei einer Gingivitis möglicherweise bereits auch der Knochen verändert? Die Tatsache, dass frühe Veränderungen im Röntgen keine Spuren hinterlassen, schließt nicht aus, dass der Knochen bereits am entzündlichen Geschehen beteiligt ist. Diese Fragen haben die Autoren in einer an der TU München durchgeführten Studie untersucht, deren Ergebnisse kürzlich im Journal of Clinical Periodontology publiziert worden sind. METHODIK Ein Studienkollektiv aus 42 Patienten (28–79 Jahre, Durchschnittsalter 56 ± 14,6; 25 m, 17 w) mit generalisierter Parodontitis erhielt eine MRT-Untersuchung, bevor diese der Parodontalbehandlung zugeführt wurde. Die generierten MR-Bilder wurden mit MR-Bildern einer klinisch parodontal gesunden Kontrollgruppe (n=34) verglichen. Zahnärztliche Eingriffe innerhalb der vergangenen sechs Monate galten als Ausschlusskriterium. Alle Studienteilnehmer erhielten ein im Rahmen des Parodontitisscreenings standardisiertes Untersuchungsprotokoll – bestehend aus der Erhebung der Taschensondierungstiefe an sechs Zahnstellen und dem Zeichen der Blutung bei Sondierung. Definiert wurde eine generalisierte Parodontitis, wenn ein Attachmentverlust an zwei oder mehr als zwei interdentalen Stellen nicht benachbarter Zähne festzustellen war und/ oder eine Taschensondierungstiefe (TST) von > 3 mm an der oralen oder an der lingualen Position auftrat. Aktuelle OPT-Aufnahmen wurden in die Auswertungen einbezogen (sofern verfügbar) und durch die Patienten zur weiteren Evaluation zur Verfügung gestellt. Die MRT-Untersuchungen wurden am Klinikum rechts der Isar in der Abteilung für Diagnostische und Interventionelle Neuroradiologie an einem 3T-MRT-Scanner (Elition, Philips Healthcare, Best, Niederlande) durchgeführt, wobei eine 16-KanalKopf-Hals-Spule verwendet wurde. Es wurden je zwei Sequenzen aufgenommen, wobei die eine der Darstellung von Knochen dediziert ist (T1 FFE Black bone, 3D isotrope Sequenz mit 0,43 x 0,43 x 0,43 mm Voxelgröße) und die andere sehr sensitiv intraossäre Ödeme detektieren kann (T2 STIR, 3D isotrope Sequenz mit 0,65 x 0,65 x 0,65 mm Voxelgröße). Die Aufnahmezeit betrug circa fünf bis sechs Minuten pro Sequenz, so dass der Patient insgesamt circa zwölf Minuten im Scanner verbrachte. Die Applikation von Kontrastmittel war nicht notwendig. PD DR. MED. MONIKA PROBST Oberärztin Abteilung für Diagnostische und Interventionelle Neuroradiologie, Klinikum rechts der Isar Technische Universität München Ismaninger Str. 22, 81675 München Foto: blende11 Fotografen, München 52 | ZAHNMEDIZIN

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