zm112, Nr. 9, 1.5.2022, (868) FORSCHUNGSPROJEKT DER TU BERLIN Was, bitte schön, sollen Tumore aus dem Biodrucker? Mit Biotinte aus Alginat und menschlichen Zellen haben Forschende ein 3-D-Modell einer Krebsmetastase samt umgebendem gesundem Gewebe ausgedruckt. Was das soll? Mit den Tumoren aus dem Biodrucker kann man potenzielle Krebsmedikamente besser testen. Die Forschenden verwendeten dafür einen handelsüblichen Biodrucker, so dass das Tumormodell von anderen Arbeitsgruppen leicht übernommen werden kann. Im Gegensatz zu Tierversuchen ist es bei dem neuen Verfahren möglich, sowohl den Tumor als auch das umliegende Gewebe aus menschlichen Zellen aufzubauen. Dies ist den Wissenschaftlern zufolge ein großer Vorteil, denn so lasse sich bei potenziellen Krebsmedikamenten nicht nur untersuchen, ob sie den Tumor wie erhofft zerstören, sondern auch, welche Auswirkungen die Substanz auf das umliegende, gesunde Gewebe hat. TIERVERSUCHE BRINGEN NICHT DIE ERGEBNISSE Dass der Kampf gegen den Krebs trotz jahrzehntelanger weltweiter Anstrengungen nur im Schneckentempo vorangeht, liegt auch an der schlechten Aussagekraft von Tierversuchen. So scheitern 97 Prozent aller im Tierversuch als aussichtsreich für ein Krebsmedikament erkannten Substanzen in der klinischen Erprobung am Menschen. Offensichtlich unterscheiden sich die komplexen biologischen Vorgänge in Tieren und Menschen häufig zu sehr, um übertragbare Aussagen zuzulassen, schreiben die Autoren. Beim sogenannten Xenograft-Modell können zwar mittlerweile auch menschliche Tumorzellen in Tiere eingebracht und deren Bekämpfung in einem lebenden Organismus untersucht werden – dabei muss aber das Immunsystem der Tiere unterdrückt werden, damit sie die fremden Zellen nicht abstoßen. Zudem liegen die menschlichen Tumorzellen dann immer noch in einer Umgebung aus tierischen Zellen und nicht in gesundem, menschlichem Gewebe. DAS ERSTE EXPERIMENT AM NEUROBLASTOM „Diese Situation stellt also nur sehr unzureichend die realen Bedingungen im Körper nach”, erklärt Prof. Dr. Jens Kurreck, Leiter des Fachgebiets für Angewandte Biochemie der TU Berlin, wo die Studie durchgeführt wurde. „Dies wollten wir in unserem gedruckten 3-D-Tumormodell verbessern und damit gleichzeitig zur Reduzierung von Tierversuchen beitragen.” Die Forschenden haben sich für ihr Modell eine der häufigsten Krebserkrankungen im Kindesalter vorgenommen, das sogenannte NeuroblasDer Erstautor der Studie, Dongwei Wu, untersucht das Krebsmodell am Fluoreszenzmikroskop. Auf dem Bildschirm sieht man vom Krebsmedikament abgetötete Zellen in Rot, die lebenden, gesunden Zellen in Grün. Foto: TU Berlin / Dominic Simon 58 | MEDIZIN
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