zm112, Nr. 9, 1.5.2022, (869) tom. Es entsteht häufig in der Nebenniere oder an der Wirbelsäule und bildet auch Metastasen. Diese können dann meist nicht mehr operativ entfernt, sondern müssen bestrahlt oder durch Medikamente bekämpft werden. „Dabei kommt es darauf an, dass das Medikament auch wirklich nur den Tumor schädigt und nicht das umliegende Gewebe”, sagt Kurreck. Das Problem: „Der Tumor und seine Umgebung stehen durch Signalmoleküle in Kontakt. Dadurch kann sich das Verhalten sowohl der Tumor- wie der gesunden Zellen verändern. Ein realistisches Experiment muss also beide Zellarten nebeneinander beinhalten.” Die Forschenden haben deshalb zwei Modellvarianten etabliert: einmal eine gedruckte Gitterstruktur aus jeweils nur einer Zellart. Hier ist eine Versorgung der Zellen durch eine Nährlösung über die Löcher im Gitter sehr einfach. Diese Struktur kann zum schnellen Testen einer Substanz verwendet werden. Für die Simulation einer Neuroblastom-Metastase hingegen haben die Wissenschaftler eine Struktur aus konzentrischen Ringen gedruckt, deren innerer Kern aus Tumorzellen besteht, die äußeren Ringe hingegen aus gesunden Zellen. „Hier war die Herausforderung, dass die Nährlösung beide Zellarten am Leben erhalten muss. Zudem sollte natürlich auch die gesamte Ringstruktur während des Experiments über 72 Stunden stabil bleiben”, führt Kurreck aus. Für den Druck werden die Zellen mit einem Gelartigen Inhaltsstoff von Algen, einem Alginat, vermischt. Nach dem Aufspritzen auf eine Glasoberfläche härtet es durch Zugabe einer Lösung von Calcium-Ionen aus. Beim Druckvorgang mit der Spritzdüse kommt es darauf an, dass die Zellen durch die entstehende Kraftwirkung nicht zerstört werden. 3-D-DRUCK REAGIERT BESSER ALS PETRISCHALEN-TESTS Als Zellmaterial verwendete die Arbeitsgruppe um Kurreck Neuroblastomzellen sowie gesunde Nierenzellen. „Das Modell kann aber auch leicht auf andere Zelltypen angepasst werden”, betont er. Für die Substanzprüfung nutzte das Team das Krebsmedikament Panobinostat sowie das Zellgift Blasticidin, das als Antibiotikum verwendet wird. Ob die Zellen noch leben oder schon abgestorben sind, untersuchten sie mithilfe von grün beziehungsweise rot fluoreszierenden Markern, die je nach ihrer Reaktion mit dem Zellstoffwechsel leuchten. Das Ergebnis: Panobinostat wurde in seiner Eigenschaft als Medikament richtig erkannt, es zerstörte nur die Krebszellen. Blasticidin dagegen hinterließ als allgemeines Zellgift keine überlebenden Zellen. Bei einem Vergleich mit herkömmlichen 2-D-Tests in Petrischalen, bei denen Tumorund gesunde Zellen unstrukturiert verteilt sind, zeigte sich zudem: Die neue 3-D-Druck-Methode reagiert zehnmal spezifischer auf die erprobten Substanzen als die 2-D-Petrischalen-Tests. KÜNSTLICHE BLUTGEFÄßE SIND AUCH MÖGLICH „Ein Vorteil unseres Modells ist, dass es nicht auf Innovationen beim Druckgerät beruht”, sagt Kurreck. Es lasse sich deshalb von jeder Arbeitsgruppe mit jedem handelsüblichen Biodrucker verwenden. Erweiterungen des Modells, die auch künstliche Blutgefäße beinhalten, sind bereits in der Erprobung. Darüber hinaus wären auch Tumormodelle möglich, die neben normalen Gewebe- auch Immunzellen beinhalten. „Diese sind bereits in anderen BiodruckVerfahren erfolgreich verwendet worden”, verdeutlicht Kurreck. „Immunologische 3-D-Tumormodelle wären ein großer Fortschritt, denn gerade Immuntherapien lassen sich in Tierversuchen nur sehr schwer umsetzen.“ mg Wu, D. et al.: „Bioprinted Cancer Model of Neuroblastoma in a Renal Microenvironment as an Efficiently Applicable Drug Testing Platform”. Int. J. Mol. Sci. 2022, 23, 122. https://doi.org/10.3390/ ijms23010122 Der Biodrucker wird für den Druck eingerichtet. Foto: TU Berlin MEDIZIN | 59
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