zm112, Nr. 9, 1.5.2022, (886) INTERVIEW MIT DR. MAX TISCHLER ZU FÜHRUNG, DELEGATION UND SUBSTITUTION „Die Gesamtverantwortung wird beim Arzt verbleiben!“ Was denkt die Generation junger Ärztinnen und Ärzte über Führung, Delegation und Substitution im Team? Fakt ist: Das traditionelle Rollenverständnis hat ausgedient – statt eines hierarchischen Denkens legen junge Mediziner verstärkt Wert auf Teamarbeit und interprofessionelles Zusammenwirken. Auch die Substitution von Leistungen statt der Delegation ist in bestimmen Situationen kein Tabu mehr. Dr. Max Tischler, Sprecher des Bündnisses Junge Ärzte, gibt eine Einschätzung. Führung, Delegation und Substitution – welche Rolle spielen diese Begriffe für die junge Generation von Ärztinnen und Ärzten und was wünschen sie sich? Dr. Max Tischler: Führung verändert sich – junge Ärztinnen und Ärzte wünschen sich weiterhin Führung und wollen auch selber die Führung eines Teams übernehmen. Der Führungsstil unterscheidet sich jedoch im Vergleich zu früher. Hierarchische Strukturen sind weniger gewünscht, die Arbeit im Team mit flachen, wertschätzenden Hierarchien wird favorisiert. Bei zunehmender Arbeitsbelastung – auch durch nicht-ärztliche Tätigkeiten – ist die Delegation unabdingbar. Auch die Substitution von Tätigkeiten spielt für junge Ärztinnen und Ärzte eine größere Rolle als für die älteren Generationen. Am Ende sollte die Gesamtverantwortung bei der Person eines interprofessionellen Teams liegen, die die beste Kompetenz hierfür besitzt. Dies sind in den allermeisten Fällen weiterhin Ärztinnen und Ärzte. Welche Form der Zusammenarbeit sehen Sie in den verschiedenen Berufsgruppen im Gesundheitswesen für die Zukunft als bedeutsam an? Und wie unterscheidet sich das vom tradierten Rollenverständnis eines Ärzteteams? Es braucht eine besser gesteuerte Zusammenarbeit von interprofessionellen Teams. Führung und das Arbeiten im Team werden heutzutage weder im Studium noch in der Ausbildung ausreichend abgebildet und vermittelt. Die Delegation von Aufgaben etabliert sich aufgrund knapper werdender personeller Ressourcen im ärztlichen Bereich zunehmend. Darüber hinaus muss eine Diskussion angestoßen werden, welche Aufgaben der ärztlichen Tätigkeit grundsätzlich auch von anderen Berufsgruppen durchgeführt werden dürfen. Dies darf aber keinesfalls dazu führen, dass weitere bürokratische Aufgaben durch die Ärzteschaft übernommen werden müssen, was zu einer Verringerung der Arbeitszeit am Patienten führt. Hier kann durch unsere Umfrage nur ein erster Aufschlag passieren, der zum Umgang mit diesem Thema anregen soll. Sie verweisen auf eine Umfrage, die das Bündnis Junge Ärzte kürzlich zum Thema interprofessionelle Zusammenarbeit im Team gemacht hat – was sind die Kernergebnisse? Junge Ärztinnen und Ärzte verschließen sich nicht dem Thema Substitution, wie es zum Teil in der tradierten Generation aus Sorge um den eigenen Berufsstand geschehen ist. Es braucht natürlich klare Leitplanken, welche Aufgaben kernärztliche Tätigkeit sind, und natürlich auch eine Weiterentwicklung beim Bürokratieabbau, beim Abbau arztfremder Tätigkeiten und beim ökonomischen Druck auf die Ärzteschaft. DR. MAX TISCHLER ... ist Facharzt für Dermatologie und Sprecher des Bündnisses Junger Ärzte Foto: privat 76 | POLITIK
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