Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 9

zm112, Nr. 9, 1.5.2022, (818) anfangs nahezu alleine mit unseren Mahnungen und Forderungen, den Zustrom versorgungsfremder Investoren ins Gesundheitswesen endlich konsequent zu stoppen oder zumindest streng zu regulieren, hat sich dies in der letzten Zeit deutlich verändert. So wurden auf dem Deutschen Ärztetag 2021 wegweisende Anträge im Hinblick auf i-MVZ, das Fremdbesitzverbot von Arztpraxen und MVZ und den Stopp von nichtärztlichen Investoren verabschiedet. Auch der Spitzenverband der Fachärzte (SpiFa) und der Virchow-Bund haben sich neben anderen ärztlichen und zahnärztlichen Organisationen zuletzt mit dringlichen Mahnungen und Appellen gegenüber der Politik positioniert. Ein signalgebender Beschluss zu MVZ und i-MVZ wurde im November 2021 von der Gesundheitsministerkonferenz (GMK) – auf Initiative insbesondere des damaligen Vorsitzlandes Bayern – einstimmig gefasst. Hierfür hatte sich die KZBV im Vorfeld auf Landesebene im Zusammenwirken mit den LandesKZVen eingesetzt. Dieser zielt auf die Schaffung von mehr Transparenz und die Installation einer BundLänder-Arbeitsgruppe ab und bekräftigt den Beschluss der GMK aus September 2020, mit dem die Beschränkung von MVZ sowohl in räumlicher Hinsicht als auch mit Blick auf den Versorgungsanteil der Facharztgruppen gefordert wurde. Zwischenzeitlich hat sich auch die Datenlage zu MVZ und i-MVZ durch diverse Gutachten erheblich verbessert, womit eine belastbare Entscheidungsgrundlage für die Politik geschaffen ist. Neben den beiden Gutachten des IGES-Instituts und von Prof. Sodan im Auftrag der KZBV aus 2020, dem sogenannten „Ladurner-Gutachten“ des BMG von Anfang 2021 und einem Gutachten des Instituts für Gesundheitsökonomik (IfG) existiert neben Gutachten, die von i-MVZ Betreibern beauftragt wurden, inzwischen auch ein aktuelles Gutachten der KV Bayerns. Erneut in den Fokus der Öffentlichkeit hat das Thema eine PanoramaSendung des NDR vom 7. April 2022 mit dem Titel: „Spekulanten greifen nach Arztpraxen“ gebracht, in der neben betroffenen Patienten auch eine junge angestellte Zahnärztin zu Wort kam, die eindringlich schilderte, unter welch immensem wirtschaftlichem Druck sie arbeiten musste, und sogar genötigt wurde, gesunde Zähne zu beschleifen. Dabei verdeutlichen das Gutachten der KV Bayerns und die jüngsten Medienrecherchen die wachsenden enormen Probleme für die Gesundheitsversorgung wie auch den dringenden gesetzgeberischen Handlungsbedarf, den wir als KZBV an vorderster Front seit Jahren anmahnen und für die vertragszahnärztliche Versorgung mit unseren Ende 2020 veröffentlichten Gutachten eindrücklich belegen. Angesichts der großen Gefahren für die Patientenversorgung ist es – gelinde ausgedrückt – bemerkenswert, dass sich der Koalitionsvertrag der Ampel bei diesem Thema in Schweigen hüllt: kein Wort zur Kommerzialisierung im Gesundheitswesen, kein Wort zur Ausbreitung von Private Equity in der ambulanten Versorgung. MVZ erwähnen SPD, Grüne und FDP überhaupt nur an einer Stelle, und zwar dort, wo es um die Förderung kommunal getragener MVZ geht, um die Versorgung sicherzustellen. Umso erfreulicher ist die Ankündigung von Bundesgesundheitsminister Lauterbach (SPD) auf einer Veranstaltung der KBV Anfang März, die Fremdinvestorenproblematik „definitiv“ in den Blick nehmen zu wollen. Das darf uns zumindest verhalten optimistisch stimmen, dass die neue Regierung nicht die Augen verschließt und sich ernsthaft um wirkungsvolle Maßnahmen bemüht, um die Ausbreitung investorengetragener MVZ zu stoppen und für mehr Transparenz bei i-MVZ zu sorgen. Der Zustrom versorgungsfremder Investoren ins Gesundheitssystem muss schnellstens gestoppt, zumindest aber streng und wirksam reguliert werden. Unsere Vorschläge hierzu liegen auf dem Tisch. Wenn überhaupt sollten Krankenhäuser zukünftig nur dann innerhalb eines bestimmenden Einzugsbereichs um das Krankenhaus berechtigt sein, zahnärztliche MVZ zu gründen, wenn sie auch schon vorher an der zahnärztlichen Versorgung beteiligt waren. Das sprichwörtliche Kind darf nicht durch das untätige Zuwarten der Politik in den Brunnen fallen. Der Schaden für die Patientenversorgung wäre immens. Es ist jetzt allerhöchste Zeit, dass die Ampel und allen voran Gesundheitsminister Lauterbach entschlossen handeln. Ich bleibe bei meiner Aussage: Gesundheit gehört nicht in die Hände von Spekulanten. Dr. Wolfgang Eßer Vorsitzender des Vorstandes der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung Einen Beitrag zum Thema iMVZ finden Sie auf Seite 22. 08 | LEITARTIKEL

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