zm112, Nr. 10, 16.5.2022, (964) Schall- respektive Ultraschall-aktivierten Spüllösungen entfernt werden. Die einzelnen Bestandteile des Ledermix diffundieren nach Applikation durch den gesamten Zahn. Das Tetracyclin diffundiert durch die Dentintubuli und ein Drittel des Kortikoids kann durch das apikale Foramen in das periapikale Gewebe diffundieren [Abbott et al., 1992]. Im periapikalen Gewebe kann das Kortikoid zu einer Immunsuppression führen und damit die körpereigene Immunantwort unterdrücken [Tepel et al 1994]. Der kurzzeitige Einsatz von Ledermix ist zu favorisieren, da es über die Schmerzlinderung hinaus keinen therapeutischen Nutzen hat [Hülsmann et al., 2021]. Der Hersteller gibt in seiner Gebrauchsanweisung eine Kontraindikation für Ledermix bei purulenten Pulpitiden und Abszessen an. Eine weitere Gegenanzeige spricht der Hersteller für die Zeiträume der Schwangerschaft und Stillzeit aus. Eine Kombination von Kalziumhydroxid und Ledermix bringt keine Vorteile, da das Kalziumhydroxid die Inhaltsstoffe Tetracyclin und Triamcinolon zerstört und die initiale Entzündungshemmung mindert. Das Kortikoid wird im alkalischen Milieu des Kalziumhydroxids unwirksam [Athanassiadis et al., 2009]. Weitere Antibiotika-haltige Pastenpräparate sind das Pulpomixine (Septodont, Saint-Maur, Frankreich), Septomixine forte (Septodont, SaintMaur, Frankreich) und Odontopaste (Australian Dental Manufacturing, Kenmore Hills, Australien). Das Präparat Odontopaste enthält die Wirkstoffe Clindamycin sowie Kalziumhydroxid und führt seltener zu Zahnverfärbungen als Ledermix [Hülsmann et al., 2021]. REGENERATIVE ENDODONTIE Bei juvenilen Zähnen mit nicht abgeschlossenem Wurzelwachstum und einer Infektion des Endodonts kann der Versuch der Revitalisierung angezeigt sein, um das Fortschreiten des Wurzelwachstums zu induzieren. Als medikamentöse Einlage wurden hierzu ursprünglich lokale Antibiotika wie Metronidazol und Ciprofloxacin als Double Antibiotic Paste (DAP) sowie mit dem Zusatz von Minocyclin als Triple Antibiotic Paste (TAP) empfohlen [Widbiller et al., 2021]. Das Konzept der Regenerativen Endodontie beruht auf der Freisetzung von pluripotenten Stammzellen aus der apikalen Papille, die in der Lage sind, sich weiter auszudifferenzieren, zum Beispiel zu Pulpazellen oder Dentinoblasten [Sonoyama et al., 2008]. Bei einer Konzentration von über einem Milligramm pro Milliliter DAP oder TAP wurden jedoch zytotoxische Effekte auf die Stammzellen der apikalen Papille nachgewiesen [Galler et al., 2015]. Durch das applizierte Minocyclin kann es zudem zu Verfärbungen der klinischen Krone kommen. Aus diesen Gründen empfiehlt die European Society of Endodontology in ihrer Stellungnahme zur Revitalisierung primär die Verwendung von Kalziumhydroxid. Für Kalziumhydroxid wurde ein erhöhtes Überleben von Stammzellen der apikalen Papille nachgewiesen. DAP sowie TAP sind medikamentöse Einlagen der zweiten Wahl und sollten lediglich mit Bedacht, beispielweise bei persistierenden Entzündungen, angewendet werden [American Association of Endodontists (AAE), 2018]. PROPHYLAKTISCHE ANTIBIOTIKAGABE Die Anwesenheit von Bakterien im Blutkreislauf wird als Bakteriämie bezeichnet. Für einige Patientengruppen kann eine, durch eine zahnärztliche Behandlung verursachte Bakteriämie ein Risiko darstellen. Die Inzidenz einer durch zahnärztliche Maßnahmen verursachten Bakteriämie liegt bei circa 34 bis 100 Prozent. Beispiele für PROF. DR. EDGAR SCHÄFER Zentrale Interdisziplinäre Ambulanz, Zentrum für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde, Universitätsklinikum Münster Albert-Schweitzer-Campus 1, Gebäude W30, 48149 Münster Foto: UK Münster DOSIERUNG DER PROPHYLAKTISCHEN ANTIBIOTIKAGABE Prophylaktische Antibiotikagabe (30–60 Minuten vor dem Eingriff) Erwachsene Kinder KG = Körpergewicht Tab. 3, Quelle: Ibing Ohne Penicillinallergie Amoxicillin: 2 g Amoxicillin: 50 mg/kg KG (nicht mehr als 2 g) Bei Penicillinallergie Clindamycin: 600 mg Clindamycin: 15 mg/kg KG (nicht mehr als 600 mg) Abb. 9: Drei Monate nach der Avulsion des Zahnes 21 bei einer 7-jährigen Patientin: Es erfolgten keine klinischen und röntgenologischen Kontrollen. Als Folge der unterbliebenen Therapie zeigt sich eine externe, entzündliche Wurzelresorption im Röntgenbild. 46 | ZAHNMEDIZIN
RkJQdWJsaXNoZXIy MjMxMzg=