zm112, Nr. 11, 1.6.2022, (1097) zum Zeitpunkt der Nachsorge postoperative Komplikationen. Innerhalb der Testgruppe mit telemedizinischer Nachsorge ergab sich in zwei Fällen (6,7 Prozent) die Notwendigkeit, die Patienten zur persönlichen Nachsorge einzubestellen, auf deren Basis in der anschließenden klinischen Untersuchung Wundheilungsstörungen mit anhaltenden Schmerzen diagnostiziert wurden. Innerhalb der Kontrollgruppe wurde in drei Fällen (zehn Prozent) aufgrund von Wundheilungsstörungen und einer postoperativen Wundinfektion eine weitere Nachsorge als notwendig erachtet. Die statistische Analyse zeigte hier, ebenso wie in der Frage nach der Zufriedenheit mit dem Behandler, keinen signifikanten Unterschied zwischen beiden Gruppen. Berechnet man die Reise- und die Wartezeit der beiden Nachsorgeformen, so lag der Zeitaufwand für die Patienten bei der konventionellen Nachsorge durchschnittlich um 1,09 Stunden höher als in der Telemedizin-Gruppe. Bei der abschließenden Frage nach der bevorzugten Nachsorgeform wählten 71,7 Prozent der gesamten Studienpopulation die telemedizinische Nachsorge. Es zeigte sich, dass die Patienten, die bereits Erfahrungen mit einer telemedizinischen Nachsorge gesammelt hatten, diese bei einem zukünftigen Termin auch deutlich häufiger bevorzugen würden (83,3 Prozent), während nur 60 Prozent der Patienten in der Kontrollgruppe diese Präferenz äußerten. DISKUSSION Die Entwicklung neuer Techniken und Konzepte in der Medizin bietet zahlreiche Vorteile gegenüber herkömmlichen Vorgehensweisen. In einer zukünftig stark alternden Bevölkerung wird die Anzahl notwendiger Arztbesuche weiter zunehmen. Angesichts dieser Entwicklung (und auch angesichts möglicher weiterer PandemieEreignisse) ist der Ausbau neuer, zeitund kostensparender Alternativen zu den herkömmlichen persönlichen Vorgehensweisen von großer Bedeutung. In Großbritannien, Italien und den USA wurden bereits einige Studien zur postoperativen telemedizinischen Nachsorge in der Zahnheilkunde durchgeführt. Die Studien beschreiben – analog zur hier vorgestellten Studie – eine hohe Akzeptanz der Telemedizin bei hoher Patientenzufriedenheit. In keiner der Studien war die Rate an postoperativen Komplikationen in der Testgruppe höher als in der Gruppe mit einer konventionellen persönlichen Nachsorge. Auf Basis der vorgestellten Daten erscheint die telemedizinische Nachsorge als ein sinnvoller, effizienter und positiv bewerteter technischer Fortschritt des zahnmedizinischen Sektors, wobei jedoch einige Einschränkungen zu beachten sind. Bei einem erhöhten Risiko für postoperative Komplikationen ist eine alleinige telemedizinische Nachsorge auf Basis der aktuellen Datenlage zu hinterfragen; grundsätzlich muss den Patienten selbstverständlich bei Vorliegen von Problemen oder Komplikationen die Möglichkeit zur klinischen Vorstellung gegeben werden. Für die Telemedizin eher ungeeignete Risikogruppen sind Patienten mit akuten und/oder chronischen Infektionen im Operationsgebiet, in höherem Alter, mit fehlender Adhärenz, mit schlechter Mundhygiene, mit systemischen Wundheilungseinschränkungen (zum Beispiel chronische Nieren- oder Lebererkrankungen, Diabetes mellitus, Immunsuppression, Mangelernährung), nach Bestrahlung und Chemotherapie oder unter Einnahme antiresorptiver Medikamente und Patienten mit hereditären oder iatrogenen Blutgerinnungsstörungen. FAZIT Unter Berücksichtigung dieser Faktoren könnte die Implementierung telemedizinischer Nachsorgemodelle in die Zahnmedizin eine zeit- und kostensparende Alternative mit einem zeit- und ortsunabhängigen Zugang zur Gesundheitsversorgung für Patienten und Behandler darstellen. Neben der Nutzung telefonischer Nachsorgemodelle sind natürlich auch auf den Patienten individuell zugeschnittene, moderne Modalitäten wie die Videosprechstunde denkbar. Gerade in Bereichen mit einem hohen Aufkommen ambulanter Patienten, wie es in der Zahnmedizin der Fall ist, ist die Ausweitung und Erprobung dieser Möglichkeiten im Rahmen zukünftiger Studien von großer Bedeutung, um die Vorteile moderner Kommunikationstechnologien im Sinne der Patientenversorgung ideal nutzen zu können. \ Heimes D, Luhrenberg P, Langguth N, Kaya S, Obst C, Kämmerer PW: Can teledentistry replace conventional clinical follow-up care for minor dental surgery? A prospective randomized clinical trial. International Journal of Environmental Research and Public Health. 2022.19(6):3444. AUS DER WISSENSCHAFT In dieser Rubrik berichten die Mitglieder des wissenschaftlichen Beirats der zm regelmäßig über interessante wissenschaftliche Studien und aktuelle Fragestellungen aus der nationalen und internationalen Forschung. Die wissenschaftliche Beirat der zm besteht aus folgenden Mitgliedern: Univ.-Prof. Dr. Elmar Hellwig, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg Univ.-Prof. Dr. Dr. Søren Jepsen, Universität Bonn Univ.-Prof. Dr. Florian Beuer, Charité – Universitätsmedizin Berlin Univ.-Prof. Dr. Dr. Peer W. Kämmerer, Universitätsmedizin Mainz UNIV.-PROF. DR. DR. PEER W. KÄMMERER, MA, FEBOMFS Leitender Oberarzt und stellvertretender Klinikdirektor Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, Plastische Operationen, Universitätsmedizin Mainz Augustusplatz 2, 55131 Mainz peer.kaemmerer@unimedizin-mainz.de Foto: privat ZAHNMEDIZIN | 71
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