Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 12

zm112, Nr. 12, 16.6.2022, (1152) einer gemeinsamen Erklärung Behandlungskonzepte wie die der neuen Straumann-Töchter verurteilt (siehe Kasten rechts). In zahlreichen Medienberichten seien jüngst zudem geschädigte Patienten zu Wort gekommen, berichtet der BDK. Dabei habe in vielen dieser Fälle nicht einmal ein zahnärztlicher Kontakt stattgefunden. „STRAUMANN HAFTET FÜR BEHANDLUNGSFEHLER“ Der BDK-Vorsitzende Dr. Hans-Jürgen Köning betont, Straumanns Expertise in der Herstellung von Medizinprodukten sei unbestritten, „Straumann muss jetzt aber auch die Gewähr dafür übernehmen, dass diese Medizinprodukte bei der Behandlung der Kunden von PlusDental und DrSmile ordnungsgemäß verwendet werden”. Straumann werde sich überlegen müssen, „ob der Versuch, weiterhin Zahnärzte möglichst weitgehend aus der Behandlung der Patienten herauszuhalten, der richtige Weg ist“. BDK-Geschäftsführer Stephan Gierthmühlen ergänzt: „Nach unserer Einschätzung werden die Behandlungsverträge zwischen den Patienten und den Anbietern geschlossen. Die Anbieter setzen die Partnerzahnärzte in unterschiedlichem Umfang nur als Erfüllungsgehilfen ein. Natürlich haften die Partnerzahnärzte aus unerlaubter Handlung, wenn ein Schaden eintritt.” Daneben sei aber auch Straumann selbst als Vertragspartner verantwortlich und hafte für Behandlungsfehler, sagt der Fachanwalt für Medizinrecht (siehe Interview auf der nächsten Seite). „MÖCHTEGERN-EINHORN BLAMIERT SICH“ Auch in der Start-up-Community ist die Übernahme Thema: Unter dem Titel „Möchtegern-Einhorn: Plusdental blamiert sich mit 131-Millionen-Exit” mokiert sich Businessinsider darüber, dass die Tech-Firma statt der kolportierten Milliardenbewertung nur für einen Bruchteil der Summe verkauft wurde. Noch vor einem Jahr habe PlusDental-Chefin Eva-Maria Meijnen angekündigt, man werde bei der nächsten Finanzierungsrunde mit einer MilEUROPAS KIEFERORTHOPÄDEN WEHREN SICH Die europäischen Kieferorthopäden drängen Straumann, die Behandlung der Patienten vollständig in die Hände spezialisierter Kieferorthopäden zu legen. Auf der Generalversammlung der European Federation of Orthodontic Specialists Associations (EFOSA) in Limassol, Zypern, billigten die Delegierten einstimmig eine Gemeinsame Erklärung zur Fernbehandlung von Malokklusionen. Darin haben 31 zahnärztliche und kieferorthopädische Organisationen die Mindeststandards für eine patientensichere kieferorthopädische Behandlung festgelegt. „Mit der Übernahme von DrSmile und PlusDental ist die Straumann-Gruppe für die kieferorthopädische Behandlung von vielen Tausend Patienten in Europa verantwortlich“, heißt es im Beschluss. Bereits im November 2021 hatten zahnärztliche und kieferorthopädische Organisationen aus 25 europäischen Ländern aus Sorge um die Sicherheit ihrer Patienten auf die Mindeststandards aufmerksam gemacht. Die Straumann Group sei zurecht stolz auf ihre tiefen Wurzeln in der legendären Schweizer Tradition der Premiumqualität. „Hält die Straumann Group an den Behandlungskonzepten von DrSmile und PlusDental fest, würde sie mit dieser Tradition brechen.“ Die EFOSA fordert Straumann darum auf, Verantwortung für die Patienten zu übernehmen und die Behandlung der Patienten vollständig in die Hände spezialisierter Kieferorthopäden zu legen. „Als spezialisierte Kieferorthopäden werden wir nicht aufhören, uns für die Sicherheit von Patienten einzusetzen, die sich einer kieferorthopädischen Behandlung unterziehen“, sagte EFOSA-Präsidentin Melissa Disse, Niederlande. „Ohne eine gründliche klinische Untersuchung, Röntgenaufnahmen und eine regelmäßige klinische Überwachung ist eine Zahnbewegung für den Patienten nicht sicher. Die Zeit wird zeigen, ob Straumann die Erwartungen von Kieferorthopäden und Patienten erfüllt.“ Der Hildesheimer Kieferorthopäde Prof. Dr. Dr. Christian Scherer, der als EFOSA-Vorstandsmitglied die Unterzeichnung der Joint Declaration Ende 2021 maßgeblich betreute, lobte die Einigkeit im Berufsstand. Es habe sich gezeigt, dass die Behandlungsstandards der Direct-to-Consumer-Anbieter kein nationales, sondern ein paneuropäisches Problem seien, sagt er. Aber auch aus Amerika, Kanada und selbst Pakistan habe der Verband kritische Berichte erhalten. Die EFOSA vertritt die Interessen von mehr als 11.000 Kieferorthopäden aus 29 Ländern. „Eine zahnmedizinische Behandlung ist immer mit erheblichem Kontrollaufwand verbunden, sodass sie der echten Selbstbehandlung entzogen ist. Gerade bei der kieferorthopädischen Bewegung von Zähnen oder Zahngruppen wirken bisweilen starke Kräfte dauerhaft auf die Zähne und den Zahnhalteapparat ein, die einer kontinuierlichen Kontrolle seitens eines Zahnarztes bedürfen.“ Bundeszahnärztekammer 22 | POLITIK

RkJQdWJsaXNoZXIy MjMxMzg=