zm112, Nr. 12, 16.6.2022, (1165) arbeiterinnen direkt, wie viel sie verdienen wollen und stimmt dem in aller Regel zu. Gebunden ist diese Zusage allerdings an die Forderung, ihr durch vollen Einsatz und ständiges Lernen zu beweisen, dass sie diese Leistungen wert sind. Das Motto „Zeig´ mir, was Du kannst!“ funktioniere sehr gut, erzählt sie. Außerdem gebe es zehn Prozent Umsatzbeteiligung als weiteren monetären Anreiz. „EIN FIRMENWAGEN IST EINE STARKE BINDUNG“ Die Praxischefin fährt darüber hinaus eine Vielzahl an sogenannten Incentives auf, also geldwerten Vorteilen und Anreizen – und kalkuliert dabei mit einer langfristigen Zusammenarbeit. Ihre Mitarbeiterinnen bekommen einen Firmenwagen inklusive Tankkarte. Sie können fahren und müssen sich um nichts kümmern: keine Versicherung, kein Sprit, keine Unterlagen, keine Organisation. Sehnert ist überzeugt: „Auch wenn es mal nicht so gut läuft – und solch eine Phase kennt jeder –, ist das Auto eine Annehmlichkeit, auf die nicht so gerne wieder verzichtet wird.“ Zusatzbenefit: Durch diese Mobilität kommen ihre Angestellten auch von weiter her als nur aus Halle, zum Beispiel aus Dessau oder Merseburg. Alternativ gibt es die BahnCard auf Praxiskosten. Alle Mitarbeiterinnen arbeiten vier Tage die Woche und haben somit einen Werktag frei. Auch das komme der Arbeitsmotivation zugute. Wenn sich mal ein längerer Arbeitstag anbahnt, gebe es wenig Murren. Als kleine aber sehr geschätzte Geste stellt die Praxischefin zudem eine „Haushaltskasse“ zur Verfügung, wie sie es nennt. „Für Kaffee, Tee, Snacks oder die Zutaten fürs Mittagessen, das eine im Team abwechselnd für alle kocht“, zählt Sehnert auf. Ihr sei bewusst, dass die Mitarbeiterinnen auch mal unter sich sein wollen. Sie könnten trotzdem jederzeit kommen und ihre Anliegen besprechen. Um mehr über die Stimmung im Team in Erfahrung zu bringen und zu den Wünschen und Nöten, führt sie regelmäßig eine Umfrage durch – schriftlich und anonym. Verwöhnt sie ihr Team? „Mir ist bewusst: Je mehr man gibt, desto mehr steigen wahrscheinlich auch nach und nach die Ansprüche. Aber durch die festgelegten Ziele bei jedem Einzelnen wissen wir alle, wo wir hinsteuern. Wenn man sich gesehen und wertgeschätzt fühlt, bleibt man doch eher.“ Sie gibt zu: Wenn man so viel tut für seine Mitarbeiterinnen, muss man durchaus mit Neid im Team rechnen und damit umgehen können. „Wenn ich Unmut bemerke, spreche ich das direkt und unter vier Augen an. Das ist wichtig. Ich investiere schließlich Geld in die Mitarbeiterinnen und schaffe einen Arbeitsplatz. Es wäre kurzsichtig, sich nicht um seine Probleme zu kümmern. Denn dann geht diese Investition nicht auf. Wir ziehen am Ende alle an einem Strang, das ist eh klar!“ ZEHN WOCHEN URLAUB UND EIN CHRISTMAS SHOPPING Dr. Thomas Greßmann leitet seit 32 Jahren seine Praxis in Neudrossenfeld bei Bayreuth. Er setzte von der ersten Sekunde an auf offene Kommunikation und selbstständiges Arbeiten. Wenn eine Neueinstellung ansteht oder auch bei Materialbestellungen, bezieht Greßmann das Team ein. „Das bindet“, findet er. Der Zahnarzt behandelt derzeit allein, weil er keinen Kollegen findet. Ein gut funktionierendes Team sei da umso wichtiger. Eine gute Stimmung in der Praxis helfe da enorm und er als Chef gebe dafür sein Möglichstes. So schöpft auch er aus dem Vollen, wenn es um zusätzliche Anreize geht. „Jede Mitarbeiterin bekommt ein leistungsbezogenes Gehalt weit über jeglichen Tarifverträgen oder dem Mindestlohn.“ Darüber hinaus bekommen sie je nach Bedarf einen Dienstwagen zur Verfügung gestellt – Modell und Farbe dürfen sie selbst aussuchen. Den Sprit bezahlt die Praxis. Außerdem überlässt der Praxisinhaber Verantwortungsträgern im Team ein Tablet, Smartphone oder Notebook. Einkaufsgutscheine, Zuzahlungen zur KiTa und vermögenswirksame Leistungen gibt es obendrauf. Jede Mitarbeiterin bekommt darüber hinaus zehn Wochen bezahlten Urlaub im Jahr und ein 13. Monatsgehalt. Alle Mitarbeiterinnen arbeiten dreieinhalb bis vier Tage die Woche und teilen sich die Zeit flexibel ein. Dr. Thomas Greßmann und sein Team aus Neudrossenfeld bei Bayreuth Foto: Greßmann PRAXIS | 35
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