Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 12

zm112, Nr. 12, 16.6.2022, (1186) AUS DER WISSENSCHAFT Partielle Pulpotomie ohne Altersbegrenzung Elmar Hellwig Die Vitalerhaltung der Pulpa bietet die Möglichkeit, das biologische System des Zahnes mehr oder weniger weitgehend erhalten zu können – mit all den Vorteilen, die die Prognose für die langfristige Zahnerhaltung verbessern. Bei jungen Patienten konnten Studien bereits hohe Erfolgsraten für die partielle Pulpotomie zeigen. Schweizer Forscher haben nun untersucht, inwieweit die Methode auch bei älteren Patienten erfolgversprechend ist. Während der Exkavation einer tiefen kariösen Läsion, die bis weit ins Dentin reicht, lässt sich eine Pulpaeröffnung nicht immer vermeiden. In solchen Fällen kann man versuchen, die Vitalität der Pulpa weitestgehend zu erhalten. Grundvoraussetzung ist allerdings eine Symptomlosigkeit beziehungsweise das Fehlen von Anzeichen einer irreversiblen Pulpitis. Maßnahmen zur Erhaltung der Pulpa können dabei die direkte Pulpaüberkappung, die partielle Pulpotomie oder die komplette Pulpotomie sein. Klinische Studien konnten zeigen, dass bei Zähnen, bei denen während der Kariesexkavation eine vitale Pulpa eröffnet wurde, eine irreversible Schädigung der Pulpa häufig auf den Bereich begrenzt ist, der direkt an die kariöse Läsion grenzt. Hier stellt sich die Frage, ob man mit einer partiellen oder totalen koronalen Pulpotomie das irreversibel geschädigte Pulpagewebe entfernen und damit eine Vitalexstirpation vermeiden kann. Die partielle Pulpotomie hat dabei den Vorteil, dass das zellreiche Gewebe der koronalen Pulpa erhalten bleibt, was eine weitergehende Anlagerung von Dentin bewirkt und gleichzeitig die Wahrscheinlichkeit einer Wurzelobliteration vermeiden hilft. Während frühere Studien zeigen, dass man mit dieser Maßnahme bei jungen Patienten mit einer hohen Erfolgsrate rechnen kann, gibt es nur sehr wenige Untersuchungen, die sich Abb. 1: Partielle Pulpotomien mit MTA (a bis f) oder Ca(OH)2 (g bis k): a und g: Freigelegte Pulpa nach Entfernung von kariösem Gewebe, b und h: Pulpotomierter Bereich mit erreichter Blutungskontrolle; Pulpaüberkappung entweder mit MTA (c) oder Ca(OH)2 (i) nach partieller Pulpotomie, d und j: lichthärtender Ca(OH)2-Kavitätenliner, der zur Abdeckung des Pulpenüberkappungsmaterials aufgetragen wird, e und k: Röntgenaufnahme unmittelbar nach partieller Pulpotomie und Platzierung einer direkten Restauration aus Komposit auf Kunststoffbasis, f: periapikales Röntgenbild bei der Nachkontrolle nach zwei Jahren: Für den Ca(OH)2-Fall ist keine Nachuntersuchungs-Röntgenaufnahme verfügbar, da dieser Zahn nach 22 Tagen mit Anzeichen einer irreversiblen Pulpitis ausfiel und eine Wurzelkanalbehandlung durchgeführt wurde. Mineral Trioxide Aggregate (MTA) Calcium hydroxide (Ca(OH)2) Quelle: [Eggmann F, Gasser TJW et al., 2022], CC BY 4.0, unverändert a b c d e f g h i j k 56 | ZAHNMEDIZIN

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