Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 12

zm112, Nr. 12, 16.6.2022, (1200) Das bekannteste der mehr als 100 in der Hanfpflanze enthaltenen Cannabinoide ist Delta-9-Tetrahydrocannabinol: kurz THC. Die Verbindung liegt in der Pflanze in der höchsten Konzentration vor – aufgrund ihrer psychoaktiven Wirkung ist sie so beliebt. Das nah verwandte und ebenfalls psychoaktive Delta-8-Tetrahydrocannabinol, häufig nur „Delta-8“ genannt, wird in den USA seit geraumer Zeit ganz legal synthetisch aus CBD hergestellt und etwa Süßigkeiten zugesetzt. Hersteller werben für ihre Produkte sogar gezielt bei Minderjährigen. Doch warnt die FDA jetzt vor möglichen „ernsten Gesundheitsfolgen“. Über die Effekte von CBD in der Medizin und der Zahnmedizin gibt es widersprüchliche Berichte. So finden sich Aussagen von DentalhygienikerInnen und ZahnärztInnen, die CBD-Öl mit Verweis auf dessen entzündungshemmenden, schmerzlindernden, entspannend-entkrampfenden und antioxidativen Wirkungen bei Parodontitis- und Prophylaxebehandlungen sowie vor und nach Operationen zur besseren Wundheilung einsetzen. QUELLE DER ENTSPANNUNG ODER GESUNDHEITSRISIKO? Gleichzeitig gibt es eine Vielzahl von Studien sowie mindestens eine Analyse von 79 Untersuchungen, die CBD mit einem nur geringen medizinischen Nutzen, dafür aber einem erhöhten Risiko für Nebenwirkungen in Verbindung bringen. Dazu gehören Schwindel, Mundtrockenheit, Übelkeit, Müdigkeit, Schläfrigkeit, Erbrechen, Desorientierung, Schläfrigkeit, Verwirrung, Gleichgewichtsverlust und Halluzination [Whiting et al., 2015]. Strittig ist auch die juristische Bewertung: Nachdem die EU-Kommission alle laufenden Anträge auf Zulassung von CBD-Produkten nach deren Erscheinen als sogenanntes Novel Food mit der Begründung gestoppt hatte, natürlich gewonnenes CBD sei als Betäubungsmittel zu behandeln, kam der Europäische Gerichtshof (EuGH) am 19. November 2020 (Az.: C-663/18) zur gegenteiligen Meinung. Knapp zwei Wochen später folgte die Suchtstoffkommission der Vereinten Nationen der Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation und stufte Cannabis und Cannabisharz von der höchsten Gefahrenklasse von Suchtstoffen in die niedrigste Klasse herab. Die nationalen Regelungen zur Legalität von CBD sind in der EU aber uneinheitlich, häufig ist der THC-Gehalt der Produkte entscheidend. DIE ANBIETER NUTZEN EINE JURISTISCHE GRAUZONE Gleiches gilt für die USA, wo der im Dezember 2018 vom damaligen Präsidenten Donald Trump unterzeichnete „Agriculture Improvement Act“ Cannabis, das weniger als 0,3 Prozent Delta-9-THC enthält, als „Hanf“ und nicht als kontrollierte Substanz einstuft. Mit der Verabschiedung entstand jedoch eine juristische Grauzone, die Anbieter nutzen, um Delta-8-Produkte zu produzieren und zu vermarkten. Deren Argumentation: Sobald das halluzinogene Cannabinoid aus rechtskonformem Hanf synthetisiert wird, ist es ebenfalls legal. Im Anschluss sahen viele Cannabis-Konsumenten in den USA in Delta-8, das über Verdampfer oder angereicherte Süßigkeiten konsumiert werden kann, eine Alternative zu Marihuana – gerade dort, wo Marihuana illegal ist. Nachdem bei der FDA bis Ende Februar 2022 rund 100 Berichte über „unerwünschte Ereignisse“ bis hin zu letalen Verläufen eingegangen waren, warnte sie im April diesen Jahres vor dem Konsum von Delta-8-Produkten: Diese seien nicht für die sichere Verwendung bewertet oder zugelassen und könnten „auf eine Weise vermarktet werden, die die öffentliche Gesundheit gefährdet“. Foto: AdobeStock_AtjananC 70 | GESELLSCHAFT CANNABINOIDE IN NAHRUNGSMITTELN Brownies mit THC? In den USA (k)ein Problem Die Food and Drug Administration (FDA) in den USA ist besorgt über die – legale – Beimischung des Cannabinoids THC in in Vaporizer-Ölen und Süßigkeiten. Die psychoaktive Substanz wird aus Hanf-Cannabidiol (CBD) gewonnen, das schmerzlindernd wirken soll, aber dessen Nebenwirkungen von Erbrechen bis Halluzinationen reichen.

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