zm112, Nr. 12, 16.6.2022, (1212) in großen Metaanalysen von Substitutionsstudien nicht eindeutig belegt werden konnten [Kahwati et al., 2021]. So werden senkende Auswirkungen auf die Krebsmortalität, respiratorische Infekte und die Erkrankung an Diabetes mellitus Typ 2 postuliert [Charoenngam et al., 2019], ebenso positive Effekte auf den Gemütszustand, die mentale Gesundheit [Penckofer et al., 2017], die Lebensqualität, die körperliche Leistungsfähigkeit und die Reduktion von oxidativem Stress [Manoy et al., 2017]. Während die Substitution bei einem nachgewiesenen Vitamin-D-Mangel und bei Patienten mit hohem Risiko für einen Vitamin-D-Mangel wie zum Beispiel bei Patienten aus Pflegeheimen weitgehend unumstritten ist, gehen aufgrund der nach wie vor ungenügenden und widersprüchlichen Datenlage die Meinungen der Fachgesellschaften bezüglich einem Screening und einer allgemeinen Vitamin-D-Substitution von „gesunden Bevölkerungsgruppen“ zum Teil noch weit auseinander. So wird ein allgemeines Screening von den meisten Fachgesellschaften nicht empfohlen [Kahwati et al., 2021] und im Fall einer Substitution eher zu einer niedrigeren täglichen Dosierung geraten, da sich die Hinweise für zum Teil negative Effekte besonders hoher Dosen oder von Bolusgaben eher verdichten [Appel et al., 2021; Pham et al., 2021]. Das Institute of Medicine empfiehlt eine Basissubstitution von 400 internationalen Einheiten (IE) Vitamin D pro Tag für alle Bevölkerungs- und Altersgruppen. Für Kinder ab dem ersten Lebensjahr sowie für stillende und schwangere Frauen, Jugendliche und Erwachsene bis zum Alter von 70 Jahren gilt die empfohlene Tagesdosis von 600 IE Vitamin D. Für Personen ab 71 Jahren und Menschen mit einer stärkeren Hautpigmentierung wurde empfohlen, 800 IE Vitamin D pro Tag zu ergänzen. Die Höchstdosis liegt für Säuglinge bei 1.000 IE pro Tag und bei 4.000 IE pro Tag für Kinder ab neun Jahren und darf unter keinen Umständen überschritten werden [Staff et al., 2020]. Die Überschreitung geht mit einer Toxizität und einer verringerten Knochendichte einher [Burt et al., 2019]. Bei der oralen Vitamin-D-Substitution zur Behandlung/Prophylaxe eines Vitamin-D-Mangels ist Vitamin D 3 (Colecalciferol) der mit Vitamin D 2 vorzuziehen, da es effektiver den 25(OH)-Vitamin-D-Wert steigert [Tripkovic et al., 2012]. Darüber hinaus wurde postuliert, dass die Vitamin-D-Substitution bei Menschen mit einem Vitamin-D-Mangel stärkere positive (extraossäre) Effekte aufweist als bei Menschen mit bereits optimalem Vitamin-D-Serumspiegel [Charoenngam et al., 2019]. Hierauf haben nicht zuletzt auch Tierversuche in Hinblick auf die Osseointegration von Implantaten hingewiesen [Pimentel et al., 2016]. Besonders ältere Menschen, die in stationären oder ambulanten Einrichtungen gepflegt wurden, profitierten von einer Vitamin-D-Substitution, die mit einer Senkung des Frakturrisikos einherging [Bischoff-Ferrari et al., 2005]. Für Menschen ohne spezifische Risikofaktoren für einen Vitamin-D-Mangel ist eine Vitamin-DSubstitution zur Osteoporoseprophylaxe nicht sinnvoll [Reid et al., 2014]. Eine Substitution führt bei gesunden Patienten weder zu einer Verbesserung der Knochendichte noch zu einer Senkung des Frakturrisikos [Jackson et al., 2006]. Im Hinblick auf Effekte einer Supplementierung auf den Erfolg von Implantatversorgungen wurde in Tierversuchen festgestellt, dass Tiere mit Vorerkrankungen, die den Knochenstoffwechsel beeinträchtigen, nach einer Supplementierung eine verbesserte Osseointegration vorwiesen – im Gegensatz zu vorerkrankten Tieren ohne Supplementierung [Wu et al., 2013; Liu et al., 2014; Nakamura et al., 2008]. Vitamin D kann dabei auch lokal zugeführt werden, indem das Implantat damit beschichtet wird. Es gibt verschiedene Strategien, um das Vitamin D auf das Implantat aufzutragen. Diese Verfahren haben jedoch in mehreren Tierversuchsstudien keine signifikant verbesserte Osseointegration der Implantate gezeigt [Satué et al., 2017; Naito et al., 2014; Salmó et al., 2016]. FAZIT Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass der Vitamin-D-Serumspiegel auch in der Zahnarztpraxis eine wichtige Rolle spielt, weil er bei der Einschätzung der Therapie und ihrer Erfolgschancen, der Prognose der Therapieerfolge und der Optimierung der Therapie hilfreich sein kann. Zusätzlich wird der Vitamin-D-Serumspiegel als ein ätiologischer Faktor für verschiedene systemische und orale Erkrankungen diskutiert. Um einem Vitamin-D-Mangel und der Entstehung etwaiger Krankheiten entgegenzuwirken, wird Menschen mit erhöhtem Risiko für einen Vitamin-DMangel empfohlen, den Vitamin-DStatus zu ermitteln und gemäß dem Ergebnis zu substituieren – insbesondere in Monaten mit schwächerer Sonneneinstrahlung. Es ergeben sich positive Belege für Menschen, die an Demenz, chronischer Niereninsuffizienz, Krebs, Depression, Antriebslosigkeit, Zahnverlust, Parodontitis oder Osteoporose leiden. Auch Menschen im höheren Alter, mit starker Pigmentierung, einseitiger Ernährung, wenig Sonnenexposition, Stillende, Schwangere und Babys bis zum zweiten Lebensjahr profitieren davon. Die positiven Wirkungen auf zahnmedizinische Therapien macht die Substitution bei Vitamin-D-Mangel auch für Zahnarztpraxen interessant. \ UNIV.-PROF. DR. MED. DR. MED. DENT. BILAL AL-NAWAS Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie – plastische Operationen, Universitätsmedizin der Johannes-Gutenberg Universität Mainz Augustusplatz 2, 55131 Mainz Foto: Universitätsmedizin Mainz 82 | ZAHNMEDIZIN
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