Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 13

zm112, Nr. 13, 1.7.2022, (1272) KLINISCH-ETHISCHE FALLDISKUSSION Ärztliche Selbstbestimmung im MVZ Dr. P. arbeitet seit zwei Jahren als einer von sieben angestellten Zahnärzten in einem Zahnmedizinischen Versorgungszentrum (ZMVZ). Das Klima ist gut. Doch nun verlangt der Leitende Zahnarzt von P., dass er keine KFO-Fälle mehr nach „draußen“ überweist – dieses Verhalten sei „geschäftsschädigend“. Im Haus gibt es aber keinen entsprechenden Fachzahnarzt, der fortgebildeteten Kollegin traut er komplexere Behandlungen nicht zu. Was soll P. tun? Da P. weder kieferorthopädisch interessiert noch fortgebildet ist, verweist er „seine“ kieferorthopädischen Fälle weiter. Einfachere dento-alveoläre Anomalien der Zahnstellung übernimmt seine ebenfalls im ZMVZ tätige Kollegin Dr. K., die sich durch Kurse und Visitationen bei einem befreundeten Kieferorthopäden in diesem Fachgebiet fortgebildet hat. Patienten mit komplexeren Gebissanomalien überweist er an einen niedergelassenen Fachzahnarzt für Kieferorthopädie, von dessen Kompetenz er überzeugt ist. Eines Tages bestellt W., Leitender Zahnarzt im ZMVZ, P. zu einem dienstlichen Gespräch ein. Darin wirft er P. geschäftsschädigendes Verhalten vor, da er kieferorthopädische Fälle „außer Haus“ überweist. Die Kollegin K. könne diese Fälle doch therapieren, die Umsätze würden so „im Haus“ bleiben. Für die Zukunft „bittet“ W., dass Überweisungen an den niedergelassenen Kieferorthopäden durch P. unterbleiben. P. ist sich unsicher, was schwerer wiegt: die Loyalität gegenüber seinem Arbeitgeber oder die Verantwortung gegenüber seinen Patienten. Er bezweifelt, dass K. über die notwendige Erfahrung und Kompetenz zur Therapie komplexer kieferorthopädischer Krankheitsbilder verfügt. Soll er ein klärendes Gespräch gemeinsam mit W. und K. führen oder würde er damit K. kompromittieren? Alternativ überlegt P., seine Patienten so zu beraten, dass sie weiterhin zum niedergelassenen Kieferorthopäden wollen, um dann gegenüber W. auf die Patientenautonomie zu verweisen. \ DR. BERND OPPERMANN Bahnhofsallee 33, 31134 Hildesheim bernd.oppermann.za@arcor.de Foto:privat Foto: AdobeStock_luckybusiness SCHILDERN SIE IHR DILEMMA! Haben Sie in der Praxis eine ähnliche Situation oder andere Dilemmata erlebt? Schildern Sie das ethische Problem – die Autoren prüfen den Fall und nehmen ihn gegebenenfalls in diese Reihe auf. Kontakt: Prof. Dr. Ralf Vollmuth, vollmuth@ak-ethik.de Alle erschienenen Fälle sowie ergänzende Informationen zum Arbeitskreis Ethik finden Sie auf zm-online.de. AUFRUF 30 | PRAXIS

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