zm112, Nr. 13, 1.7.2022, (1308) Zahnmedizinerinnen wurde auch er Opfer der nationalsozialistischen Verdrängungs- und Vertreibungspolitik. Deportiert nach Buchenwald, gelang es ihm 1939 mithilfe des Vatikans, über Italien mit seiner Familie in die USA zu emigrieren [Tascher, 2012, 97; Heidel, 2004, 268]. Nach der Emigration wirkte Proskauer an der Columbia University in New York ein weiteres Mal als Kurator eines dentalhistorischen Museums, das er bis zu seinem Tod führte [Ring, 2007]. Während in der Folge die offizielle Leitung der Forschungsstelle an den NS-konformen Medizinhistoriker, Arzt und Zahnarzt Walter Artelt (1907–1976) [Klee, 2007, 19] übergeben wurde, fungierte Proskauers ehemaliger Studienkollege Witt als Kurator der Sammlung und Betreuer der Bibliothek. Er machte sich vor allem um die stete Erweiterung der Sammlung verdient. 1939 legte er jedoch seine Tätigkeit nieder, um zusammen mit dem (späteren) Hauptverantwortlichen des Sanitätswesens der Wehrmacht, dem NS-belasteten Siegfried Handloser (1885–1954), den Zahnärztlichen Dienst der Luftwaffe aufzubauen [Eckhart, 1998, 88–92; Tascher, 2012, 97]. Im weiteren Verlauf sollten die bis 1942 auf 22.000 Schriftstücke angewachsene Zahnärzte-Bücherei und die dental-historische Sammlung in das großzügigere und neu erbaute Zahnärztehaus am Heidelberger Platz in Berlin umziehen (1937), bis sie im Zuge der Wirren des Zweiten Weltkriegs in Kartons verpackt und in Kellerräumen des Zahnärztehauses verstaut wurden [Groß, 2006, 229]. Das Forschungsinstitut stellte in dieser Zeit seinen Dienst ein. EIN NEUES ZUHAUSE FÜR DIE SAMMLUNG 1954 wurden sowohl die von Proskauer und Witt zusammengetragene und erweiterte zahnmedizinische Sammlung und die Bibliothek im neu erbauten Kölner Zahnärztehaus beheimatet. Als Geschäftsführer fungierte Witt, er war sowohl für die Geschicke der Sammlung und der Bibliothek als auch zunächst für die Leitung des Forschungsinstituts verantwortlich [Tascher, 2012, 197]. In der späteren Nachkriegszeit folgten mehrere Direktoren. Die letzte von ihnen war ab 1985 die Medizinhistorikerin und außerplanmäßige Professorin der Universität zu Köln Marielene Putscher (1919–1997). 1987, drei Jahre vor der Wiedervereinigung, erreichten das Forschungsinstitut (nun: „Forschungsinstitut für Geschichte und Zeitgeschichte der Zahnheilkunde“) wie auch die dental-historische Sammlung ihren Höhepunkt. Dominik Groß schätzt ein, dass am Forschungsinstitut zu dieser Zeit nicht nur eine der „bedeutendsten Sammlungen zahnmedizinischen Kulturguts“ betreut wurde. Diese sei auch „längst zu der Adresse für alle Doktoranden und Fachwissenschaftler geworden, die auf dem Gebiet der Geschichte der Zahnheilkunde arbeiteten“ [Groß, 2006, 232]. Abb. 3: Dentales Erbe im Container: Die Sammlung Proskauer/Witt ist Teil des historischen Gedächtnisses der Zahnärzteschaft. Foto: BZÄK DR. MATTHIS KRISCHEL Institut für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin Centre for Health and Society, Medizinische Fakultät Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf Moorenstr. 5, 40225 Düsseldorf matthis.krischel@hhu.de Foto: privat 66 | GESELLSCHAFT
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