zm112, Nr. 13, 1.7.2022, (1316) Während der Verlaufskontrolle am ersten postoperativen Tag konnte bei reizfreien Wundverhältnissen durch Druck auf die Glandula submandibularis Speichel über die neue Gangmündung im Mundboden exprimiert werden. Am zehnten postoperativen Tag erfolgte die Nahtentfernung und der Patient konnte – zwischenzeitlich mit dem neu angefertigten Zahnersatz in Ober- und Unterkiefer versorgt und zufrieden mit der dadurch wieder gewonnenen Kaufunktion und Ästhetik – aus unserer Behandlung entlassen werden. DISKUSSION Unter den wichtigen Erkrankungen der großen Speicheldrüsen ist die Sialolithiasis mit einem Anteil zwischen 40 und 50 Prozent aller Fälle vertreten [Capaccio et al., 2017]. Die Inzidenz in der Allgemeinbevölkerung wird zwischen 28 und 59 Fällen pro eine Million Einwohner über ein Jahr angegeben [Escudier & McGurk, 1999]. Das mittlere Alter für das Auftreten von Symptomen im Zusammenhang mit einer Sialolithiasis liegt bei 45 Jahren [Iro et al., 2009], wobei Männer bevorzugt betroffen sind. Bis zu 80 Prozent der Speichelsteine finden sich in der Glandula submandibularis und deren Ausführungsgang [Sigismund et al., 2015]. Ein Grund dafür ist, dass diese Drüse einen stark seromukösen Speichel bildet und diesen über einen langen und gekrümmten Gang (WhartonGang) befördert, was die Kalkausfällung und Steinbildung begünstigt [Huoh & Eisele, 2011]. Die Steine sind dabei häufig im distalen Drittel des Ganges lokalisiert – besonders in der „comma area“, dem Bereich des hinteren Mundbodens, in dem der Wharton-Gang einen knieähnlichen Verlauf mit einem Winkel zwischen 24° und 178° aufweist [Iro et al., 2014]. Weitere diskutierte Ursachen sind Dehydration, ein reduzierter Speichelfluss, eine geänderte Speichelzusammensetzung, Nikotinabusus, primärer Hyperparathyreoidismus und das Eindringen von Bakterien und Nahrungsresten in den Ausführungsgang [Stack & Norman, 2008]. Die meisten Sialolithen werden mit einer Größe von 5 mm bis 10 mm beschrieben. Alle Steine ab einer Größe von 10 mm in einer Achse werden als Sialolithen ungewöhnlicher Größe bezeichnet. Wenn die Größe von 35 mm überschritten wird, werden sie als riesig eingestuft [Rai & Burmann, 2009]. Durch die Verlegung des Ausführungsgangs kann es zu rezidivierenden und typischerweise im Zusammenhang mit der Nahrungsaufnahme auftretenden entzündlichen Schwellungen einer Speicheldrüse kommen, die häufig schmerzhaft sind. Diese bilden sich klassischerweise bei Ausbleiben des Nahrungs- beziehungsweise Geschmacksreizes zurück [Al-Nawas et al., 2020]. Durch einen nicht entfernten obstruktiven Sialolithen kann es im ungünstigsten Verlauf zu einer akuten Sialadenitis kommen. Auch wurden Komplikationen wie Abszesse, Fisteln und phlegmonöse Entzündungen beobachtet [Paul & Chauhan, 1995]. Im hier vorgestellten Fall war es trotz der beachtlichen Größe des Steines nur zu einem kurzzeitigen und einmaligen Auftreten von akuten Symptomen gekommen, was als sehr ungewöhnlich anzusehen ist. Zur klassischen diagnostischen Vorgehensweise gehört zunächst die bimanuelle Tastuntersuchung zur groben Bestimmung von Lage, Größe, Beweglichkeit und Form des Steines. Alle diese Parameter können mit hochauflösendem Ultraschall dargestellt werden, der sich als schnelles, ZM-LESERSERVICE Die Literaturliste kann auf www.zm-online.de abgerufen oder in der Redaktion angefordert werden. c d ... konnte dieser geborgen werden (c). Trotz der erheblichen Größe (d) war es nicht zu einem Abflusshindernis gekommen. Fotos: Gabor Boros 74 | ZAHNMEDIZIN
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