Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 13

zm112, Nr. 13, 1.7.2022, (1317) wirksames und gut geeignetes primäres Diagnosemittel erwiesen hat und gleichzeitig für eine angemessene Behandlungsplanung eingesetzt werden kann [Goncalves et al., 2017]. Im vorgestellten Fall war bei Beschwerdefreiheit der Glandula sublingualis die Diagnose klinisch und radiologisch eindeutig zu stellen, weshalb auf die Sonografie verzichtet wurde. Ebenso kann mit der Sialendoskopie die Obstruktion sichtbar gemacht werden [Al-Nawas et al., 2020]. Bei unklaren Befunden und schwieriger Lage kann eine Computertomografie weitere Informationen erbringen [Yousem et al., 2000]. Zur Therapie stehen heutzutage mehrere minimalinvasive Methoden zur Verfügung – wie die interventionelle Sialendoskopie (Entfernung des Steines aus dem Gangsystem der Speicheldrüse), die transorale Ductus-Chirurgie, die extrakorporale Stoßwellenlithotripsie (Zertrümmerung der Steine) und die in den vergangenen Jahren deutlich verbesserte intraductale Stoßwellenlithotripsie. Dabei lassen sich die einzelnen Therapien kombinieren. Durch diese Methoden konnte die Rate der Sialadenektomien deutlich gesenkt werden, dennoch ist sie aber bei besonders proximaler oder intraglandulärer Steinlage vereinzelt indiziert [Koch et al., 2021]. Die zu wählende Therapie ist von der Lage und der Größe des jeweiligen Sialolithen abhängig. Hierbei ist die interventionelle Sialendoskopie umso erfolgreicher, je kleiner und mobiler die Steine sind. Bei größeren Steinen führt die transorale Ductus-Chirurgie in Form einer Gangschlitzung bei einmaliger Anwendung häufig zum Erfolg [Al-Nawas et al., 2020]. Die minimalinvasiven Techniken haben sich zeitgemäß als Therapie der Wahl etabliert [Koch et al., 2021] und weisen bei einer Lage des Steines im Ductus submandibularis Erfolgsquoten von 85 bis 100 Prozent auf. Sie sind verhältnismäßig einfach, lassen sich an unterschiedliche anatomische Gegebenheiten anpassen und können größtenteils in Lokalanästhesie durchgeführt werden [Park et al., 2013; Zenk et al., 2001]. Komplikationen wie Wundinfektionen, Nachblutungen, Verletzungen des Nervus lingualis oder des Nervus hypoglossus und eine Narbenbildung wie nach einer Sialadenektomie werden dabei vermieden [Iro et al., 2009; Preuss et al., 2007]. Im hier vorgestellten Fall bot sich die intraorale DuctusChirurgie mit Gangschlitzung und Marsupialisation des Ganges an, die erfolgreich durchgeführt werden konnte. \ Dieser Patientenfall wurde zuerst in der Zeitschrift „Wehrmedizinische Monatsschrift“ publiziert: Marciak P, Boros G: Großer Speichelstein als oralchirurgischer Zufallsbefund. WMM 2022; 66(6–7): 245–248. Der Beitrag wurde für die zm redaktionell bearbeitet. FAZIT FÜR DIE PRAXIS Nicht immer hält sich die Natur an die Erkenntnisse, die aus Studien und Statistiken gewonnen werden. Und selbst wenn in den allermeisten Fällen rezidivierende Schwellungen und Schmerzen im Bereich der von einem Sialolithen betroffenen Speicheldrüse die Betroffenen zum Arzt führen, so zeigt dieser Fall, dass auch ein ungewöhnlich großer Speichelstein asymptomatisch bleiben kann. Gleichzeitig wird ebenfalls deutlich, dass eine gründliche klinische Untersuchung bei jeder Erstvorstellung eines Patienten beim Zahnarzt – auch wenn es „nur“ um die Anfertigung einer neuen Zahnprothese geht – stets geboten ist. OBERFELDARZT DR. GABOR BOROS Bundeswehrzentralkrankenhaus Koblenz, Abteilung XXIII – Zahnmedizin, Spezialambulanz Oralchirurgie und Implantologie Rübenacher Str. 170, 56072 Koblenz Foto: privat ZAHNMEDIZIN | 75

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