Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 13

zm112, Nr. 13, 1.7.2022, (1250) UNI MARBURG NOCH IN DEN 90ER-JAHREN? Zum Beitrag „Verwaltungsgericht Hessen: Darf ein HIV-Infizierter von Praxiskursen ausgeschlossen werden?“, zm 12/2022, S. 12–13. Der Artikel über einen Studenten der Universität Marburg hat mich zutiefst berührt. Ich schäme mich, Teil einer Kollegenschaft zu sein, die allem Anschein nach immer noch in den 90er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts lebt. Wie wollen wir denn an einem solchen Ort mit dieser Einstellung Zahnmediziner ausbilden, welche sich später ihrem Berufsethos angemessen verhalten, wenn es schon die Herren Professoren daran mangeln lassen? Als ich im Jahr 2016 eine Fortbildung der Hessischen Zahnärztekammer besuchte, wurde uns dort noch sehr ernst und pflichtbewusst klar gemacht, dass wir jeden Patienten zu behandeln haben. Eine Ablehnung von Patienten mit Infektionserkrankungen wie HIV und HEP sei maximal Kolleginnen in der Schwangerschaft erlaubt. Für eine Übertragung des Virus ist eine Verletzung sowohl der infizierten Person als auch des Patienten vonnöten. Ein eher unwahrscheinliches Ereignis. Auch wenn meine Studienzeit bereits ein paar Jahre hinter mir liegt, kann ich mich nicht erinnern, dass es in den Kursen, in denen gegenseitige Behandlungen Leserforum Foto: pictworks – stock.adobe.com oder Behandlungen an Patienten stattfanden, regelmäßig – wenn überhaupt – zu Verletzungen kam. Als ich vor einigen Monaten durch die Flure eines öffentlichen Gesundheitsdienstes ging, priesen dortige Plakate an, dass bei den heutigen Therapien sogar wieder ungeschützter Sex möglich sei, ohne HIV zu übertragen. Ebenso befremdlich finde ich überhaupt die Behandlung von Kommilitonen in der Parodontalpropädeutik. Hier muss davon ausgegangen werden, dass die Uni Marburg ihre Studenten geradezu dazu anstiftet, Körperverletzung zu begehen, denn eine Parodontalbehandlung ohne entsprechende Indikation, und davon ist bei jungen gesunden Studenten auszugehen, erfüllt genau diesen Straftatbestand. Bereits die seit Jahren an jeder Uni praktizierten Spritzenkurse lassen hier die Frage offen, ob man denn in Zukunft in Marburg nur noch das Studium der HUMANmedizin aufnehmen darf, wenn man sich dazu verpflichtet, den Appendix vermiformis durch einen Kommilitonen zu Übungszwecken entfernen zu lassen, nebst erstmals selbst eingeleiteter Intubationsnarkose. Zurück zum Thema: Befinden sich die Studenten doch während der Kurse bereits auf dem Gelände einer Universitätsklinik, so wäre auch im schlimmsten aller Fälle hier noch die Möglichkeit einer PEP gegeben. Mein persönliches Fazit, so werde ich meinen Kindern von einem Studium in Marburg aus genannten Gründen abraten, denn unsere Alma Mater sollte uns am Ende doch auch immer mit Ehrfurcht und Stolz erfüllen können. Ich hoffe sehr, dass dieser junge Mann nicht aufgibt und wir demnächst vielleicht über ein Urteil in Karlsruhe lesen dürfen, welches unser verfassungsmäßiges Recht auf Gleichbehandlung auch an der Universität Marburg durchzusetzen weiß. Christine Prüter, Wismar Die zm-Redaktion ist frei in der Annahme von Leserbriefen und behält sich sinnwahrende Kürzungen vor. Außerdem behalten wir uns vor, Leserbriefe auch in der digitalen Ausgabe der zm und bei www.zm-online.de zu veröffentlichen. Bitte geben Sie immer Ihren vollen Namen und Ihre Adresse an und senden Sie Ihren Leserbrief an: leserbriefe@zm-online.de oder an: Redaktion Zahnärztliche Mitteilungen, Chausseestr. 13, 10115 Berlin. Anonyme Leserbriefe werden nicht veröffentlicht. 08 | LESERFORUM

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