zm112, Nr. 14, 16.7.2022, (1397) optimale Revaskularisierung bei der Einbringung eines subepithelialen Bindegewebetransplantates über die ganze Breite der Rezessionen aufgrund des minimalinvasiven Charakters der Tunnelierungstechnik in den Vordergrund seines Eingriffes. Beide Operateure erläuterten während der parallelen Liveschaltung und in der anschließenden Diskussion ausführlich step-by-step die chirurgischen Prinzipien der beiden Operationstechniken – von Inzision, Lappenbildung, Einbringung des Transplantates zu Nahttechniken – mit Hinblick auf eine optimale Blutversorgung und Wundstabilität zur Minimierung des OP-Traumas. ORALES MIKROBIOM IN DER PATHOGENESE DER PARODONTITIS In dieser Sitzung ging es um die komplexen Beziehungen zwischen Wirt und Mikroorganismen, die während der Pathogenese der Parodontitis als auch während der Behandlung auftreten. Professor Egija Zaura, Amsterdam, begann die Sitzung mit einer Einführung zum humanen Mikrobiom. Die Zusammensetzung des menschlichen Mikrobioms verändert sich im Laufe des Lebens, abhängig von Lebensstil und Alter. Die benefiziellen Bakterien produzieren dabei lebenswichtige Metaboliten, die der menschliche Organismus selber nicht herstellen kann. Danach sprach Professor Mike Curtis, London, über die Beständigkeit des oralen Mikrobioms in Gesundheit und Krankheit. Im Gegensatz zum menschlichen Mikrobiom verändert sich das orale Mikrobiom im Laufe des Lebens fast nicht – mit Ausnahme von Dysbiosen. Bei Krankheiten verändern Mikroorganismen die Vernetzung von Genen. Umgekehrt werden nach nicht-chirurgischer Parodontitistherapie nicht nur Veränderungen in der Zusammensetzung des subgingivalen Plaque-Mikrobioms, sondern auch Veränderungen der Speichelzytokine gefunden. Professor George Hajischengallis, Philadelphia, berichtete über das Zusammenspiel von dysbiotischem oralem Mikrobiom und Entzündungen. Er konzentrierte sich auf Porphyromonas gingivalis (P.g.) und bezeichnete ihn als inflammophilen Schlüsselerreger. Die eigentliche Rolle von P.g. besteht in seiner Fähigkeit, die Umwandlung von einer symbiotischen Gemeinschaftsstruktur in eine dysbiotische Struktur einzuleiten, die dann eine destruktive Entzündung verursachen kann. P.g. kann die Wirtsreaktion auf eine Weise manipulieren, die das Wachstum von P.g. und anderen „destruktiven“ Bakterien fördert. NIGHTMARE SESSIONS – „AUS FEHLERN LERNEN“ Das neue Format der Nightmare Sessions war bei der EuroPerio9 in Amsterdam begeistert aufgenommen worden. Hier berichten erfahrene Kliniker über Patientenfälle, die Ihnen die größten „Albträume“ bereitet haben. Der Ansatz, aus Misserfolgen zu lernen, ist nicht neu, ungewöhnlich ist es aber, diese Misserfolge vor großem Publikum zu „sezieren“ und damit eigene Fehler offenzulegen. Insgesamt fanden zwei dieser Veranstaltungen statt. Die Nightmare Session 1 hatte die Implantologie zum Thema. Der Norweger Dr. Øystein Fardal, Egersund, zeigte einen über 25 Jahre hinweg dokumentierten Fall, der nach multiplen Implantatverlusten sowie zwischenzeitlicher Zahn- und Implantatlosigkeit in einem Kieferbruch an einem durch Periimplantitis stark kompromittierten Implantat regio 33 endete. Rückblickend ist er der Meinung, Zähne zu voreilig extrahiert und durch scheinbar „sichere“ Implantate ersetzt zu haben. Er appelliert: „Give teeth a chance“ und unterstreicht diesen Aufruf durch eindrucksvolle Zahlen: Eine Parodontitis benötigt etwa 35 Jahre, eine Periimplantitis nur etwa fünf bis acht Jahre, bis erste klinische Symptome auftreten. Die Zehn-Jahresverlustrate von Implantaten liegt bei zwei bis 15 Prozent, die von Zähnen bei 1,5 Prozent. Eine erfrischend selbstironische Darstellung bot der Ire Dr. Tiernan O‘Brien, Galway, der zwei Fälle mit Implantaten in der ästhetischen Zone präsentierte. Einen auf den ersten Blick „einfachen“ sowie einen zweiten „komplexen“ Implantatfall. In beiden Fällen kam es zum Verlust des Implantats. Sein Resumee: Auch wenn ein Fall oder ein Arbeitsschritt klinisch „einfach“ und als langjährig gepflegte Routine erscheint, sollte die Planung und Durchführung sorgfältig erfolgen und der Behandler mit allen ihm zur Verfügung stehenden „Sinnen“ arbeiten. Abschließend berichtete Dr. Luca Landi, Verona, von einem aufwendigen parodontologisch, endodontologisch, prothetisch und implantologisch versorgten Patienten, dessen implantologisch-prothetische Versorgung über die Zeit teils bereits verloren war, teils droht, verloren zu gehen. Bei der Ursachenfindung fiel auf, dass der Patient zwischenzeitlich das Rauchen wieder begann und nur unregelmäßig zu seinen Nachsorgeterminen erschien. Landis Fazit: Gerade bei langjährig betreuten Patienten sind eine regelmäßige Überprüfung der Anamnese, der Patientencompliance und ein ständiger Austausch im Team unabdingbare Voraussetzungen für den Langzeiterfolg. CHIRURGISCHE THERAPIE VON FURKATIONSDEFEKTEN Furkationsdefekte sind schwierig und herausfordernd, lassen sich aber erfolgreich behandeln. Welche Aspekte bei der Planung und Durchführung der chirurgischen Therapie eine Rolle spielen, war Thema dieser Session. Prof. Søren Jepsen, Bonn, als Moderator informierte die Teilnehmer über die aktuellen Empfehlungen für das chirurgische Management von Furkationsdefekten auf der Grundlage der EFP S3-Leitlinie für die Behandlung der Parodontitis. Er betonte, dass Furkationsbeteiligungen Grad II oder III signifikant das Risiko für Zahnverlust erhöhen. Diese sind als Komplexitätsfaktor bei Parodontitis im Stadium III und IV anerkannt. Er stellte aber auch fest, dass eine Furkationsbeteiligung keineswegs Grund für eine Zahnextraktion sein müsse. Verschiedene regenerative Verfahren zur Reduzierung/Beseitigung des Furkationsdefektes stehen zur Verfügung. Er präsentierte zwei typische klinische Szenarien, bei denen die annähernd 2.000 Teilnehmer die Option hatten, über die Kongress-App auf ihrem Handy für eine der vorgeschlagenen ZAHNMEDIZIN | 51
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