Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 14

zm112, Nr. 14, 16.7.2022, (1399) Diesen Fragen gingen Prof. Francesco d’Aiuto, London, Dr. Eduardo Montero, Madrid, und Dr. Evanthia Lalla, New York, in ihrer Session nach. Dr. Montero startete mit einem Vortrag zu Parodontitis und kardiometabolischen Risikofaktoren. Er zeigte, dass ein signifikanter Zusammenhang zwischen einer schweren Parodontitis und dem Metabolischen Syndrom besteht. Die stärkste Assoziation mit Blick auf die einzelnen Krankheitscharakteristika (abdominelle Fettleibigkeit, Bluthochdruck, gestörter Fettstoffwechsel und Insulinresistenz) liegt bei Bluthochdruck vor. Er betonte, dass eine PAR-Behandlung nicht nur die Mundgesundheit, sondern auch Stoffwechselerkrankungen positiv beeinflusst, was sich in reduzierten HbA1c- und Entzündungswerten widerspiegelt. Eine Möglichkeit Typ2-Diabetiker in der zahnärztlichen Praxis zu detektieren, sieht Montero in der Kombination aus einem Fragebogen zur Einschätzung des DiabetesRisikos (FINDRISK) und der Bestimmung des HbA1c-Wertes mittels eines portablen Gerätes. Dr. Lalla trat für eine koordinierte, multidisziplinäre Betreuung von Patienten mit Diabetes und Parodontitis ein. Lalla sieht vor allem die Bedürfnisse der chronisch erkrankten Patienten im Fokus. Abschließend diskutierte Prof. D’Aiuto die neuesten Entwicklungen und Herausforderungen bei der Implementierung einer integrierten Versorgung von Diabetes- und Parodontitispatienten. Evidenzbasierte klinische Leitlinien (EFP, NICE) sollen dabei helfen, auf die Assoziation beider Erkrankungen und die Notwendigkeit eines multidisziplinären Therapieansatzes aufmerksam zu machen. REGENERATION VERTIKALER DEFEKTE Als Einleitung in diese Session bot Prof. Leonardo Trombelli, Ferrara, einen Überblick über die Entwicklung chirurgischer Verfahren für die Therapie von Knochendefekten, von den „klassischen“ über die Papillenerhaltungslappentechniken bis hin zu den neuesten minimalinvasiven chirurgischen Ansätzen. Er unterstrich die Bedeutung des Erhalts interdentalen suprakrestalen Weichgewebes als „fünfte Defektwand“ sowie der limitierten (einseitigen) Lappenmobilisation für die Erzielung einer bestmöglichen Wundstabilität, primären Wundheilung und optimaler Bedingungen für die parodontale Gewebsregeneration. Prof. Giovanni Zucchelli, Bologna, zeigte, wie tiefe intraossäre Defekte in Kombination mit anderen bereits bestehenden Defiziten wie gingivaler Rezession, Mangel an keratinisiertem Gewebe oder Verlust interdentaler Papillen mittels koronaler Verschiebelappentechniken behandelt werden können. Hierbei stellte er die besondere Rolle des Bindegewebetransplantates vom Gaumen heraus. Die gezielte, teilweise Defekt-überspannende Positionierung des Bindegewebstransplantes kann die Heilung infraalveolärer Defekte zusätzlich positiv beeinflussen. Neben der sehr guten Knochenheilung kann auch eine vermehrte Keratinisierung Folge der Bindegewebstransplantationen sein. Dr. Serhat Aslan, Izmir, stellte eine neue Operationstechnik vor, welche den vollständigen Erhalt der defektassoziierten Interdentalpapille zum Ziel hat. Hierbei wird ein minimal-invasiver Zugang ausgehend vom „Line Angle“ der dem interdentalen Knochendefekt gegenüberliegenden Seite geschaffen. Durch einen einzigen vertikalen bogenförmigen Schnitt wird in Richtung der defektseitigen Papille präpariert. Dieser minimal-invasive Zugang kann die Wundstabilität weiter verbessern und so die regenerative Heilung schwieriger infraalveolärer Defekte (wenn zum Beispiel die bukkale Wand vollständig fehlt) zusätzlich positiv beeinflussen. PERIIMPLANTÄRE EKRANKHEITEN MANAGEN Professor Tord Berglundh, Göteborg, führte durch diese Session und gab am Beispiel Schwedens einen konkreten Ausblick über die zukünftigen Herausforderungen der Behandlung periimplantärer Erkrankungen und Zustände. Mit zunehmend mehr inserierten Implantaten pro Jahr wächst der Bedarf an adäquatem Fachpersonal stetig und sollte auch im Angebot an Qualifizierungsmöglichkeiten stärker berücksichtigt werden. Professor Andrea Mombelli, Genf, beschrieb in seinem virtuellen Beitrag die Krankheitsbilder der periimplantären Mukositis und der Periimplantitis und die daraus resultierenden diagnostischen, therapeutischen sowie prognostischen Konsequenzen. Auf Grundlage der aktuellen Literatur bereitete er sowohl für Praktiker als auch Forschende eine fundierte Wissensgrundlage für die folgenden Beiträge. Dr. Mia Rakic, Madrid, gab Einblicke in die Biomarker-Forschung. Bislang werden von ihrem Team diverse Biomarker der frühen Osteolysekaskade untersucht. Derzeit ist keiner der untersuchten Biomarker praxistauglich und für einen marktfähigen Test geeignet. Dennoch sollte das Potenzial dieser Möglichkeit der Früherkennung in der nahen Zukunft gesehen und weiter erforscht werden. Professor Lisa HeitzMayfield, Perth, betonte die Bedeutung der Unterstützenden Periimplantitistherapie (UIT). Sie stellte das online frei verfügbare IDRA-Tool vor, welches die individuelle Risikoeinschätzung und somit die Festlegung des idealen Betreuungsintervalls für Periimplantitispatienten deutlich erleichtert. Alle Referenten stimmten dahingehend überein, dem nicht-linearen, häufig akzelerierten Charakter der Periimplantitis nur durch eine entsprechend engmaschigere Betreuung begegnen zu können. EINFLUSS SYSTEMISCHER FAKTOREN AUF PARODONTITIS Die wechselseitigen Beziehungen zwischen der oralen und systemischen Gesundheit können Einfluss auf die Parodontitis nehmen. Laut Prof. Philippe Bouchard, Paris, kann eine verringerte Kaukapazität (< 5 funktionelle Kaueinheiten) das Risiko einer kardiovaskulären Sterblichkeit um 41 Prozent erhöhen. Infolge der eingeschränkten Kaufunktion tendieren Patienten dazu, leicht zu kauende Nahrung, mehr Süßigkeiten, Fette und Kohlenhydrate als Obst, Gemüse und Ballaststoffe zu konsumieren, wodurch sie eher an abdominaler Adipositas leiden. Umgekehrt können nach Dr. Hélène Rangé Essstörungen wie Anorexia nervosa und Bulimia nervosa Auswirkung auf die Mundgesundheit nehmen. Schädigungen der Zahnhartsubstanz wie Erosion und Abrasion sind die häufigsten Folgen. Aber auch Bruxismus, orale Läsionen, Hypersensitivität, verminderte SpeiZAHNMEDIZIN | 53

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