Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 14

zm112, Nr. 14, 16.7.2022, (1415) medizinische Team in der Betreuung von Diabetespatienten einnehmen kann, und sind ein gutes Argument für die interdisziplinäre Zusammenarbeit/Kommunikation zwischen betreuenden Hausärzten, Internisten, Diabetesassistenten und Zahnärzten [Allauddin et al., 2022]. INTERDISZIPLINÄRE BETREUUNGSANSÄTZE Die Bidirektionalität von Parodontitis und Diabetes wie auch die Vielfalt möglicher Auswirkungen auf die systemische und die orale Gesundheit legen einen interdisziplinären Betreuungsansatz zur gemeinsamen Therapie und Prävention beider Erkrankungen nahe. In der Realität ist dies jedoch aktuell nur sehr unzureichend abgebildet. Eine Befragungsstudie mit Zahn- und Allgemeinmedizinern zeigte hier nicht nur beträchtliche Lücken in der Zusammenarbeit, sondern auch eine unterschiedliche Sichtweise beider Fachrichtungen auf die Thematik auf [Ziebolz et al., 2018]. Während Allgemeinmediziner in der Befragung angaben, jeden Risikopatienten in ihrer Praxis adäquat zu identifizieren, war dies nur bei der Hälfte der Zahnärzte der Fall. Außerdem empfanden beide Fachrichtungen die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit den Kollegen als unzureichend; eine regelmäßige Zusammenarbeit mit der jeweils anderen Fachrichtung gaben nur 68 Prozent der Zahn- und 40 Prozent der Allgemeinmediziner an [Ziebolz et al., 2018]. Als Grund für diese Defizite findet sich in der Literatur der Hinweis auf die (oft) fehlenden Kenntnisse über die bidirektionalen Beziehungen zwischen Parodontitis und Diabetes. Dies mündet nicht selten in einer unzureichenden Aufklärung und Information der Patienten [Allauddin et al., 2022; Bissett et al., 2020]. Zusätzlich wurden Hindernisse beim Kommunikationsweg zwischen den Fachrichtungen beschrieben; so folgen in der Praxis oftmals defensive oder auch vollständig ausbleibende Rückmeldungen auf nicht adäquat empfundene Anfragen [Bissett et al., 2020]. Hier werden als Lösungsvorschlag kurze, klar formulierte Anweisungen über die Zuweisung der Patienten zur jeweils anderen Fachrichtung angegeben, während auf sehr ausführliche schriftliche oder telefonische Kontaktaufnahmen eher verzichtet werden soll [Bissett et al., 2020]. Ein weiteres Problem sind die unzureichenden Kenntnisse der Patienten über die Interaktionen zwischen Mund- und Allgemeingesundheit – hier von Parodontitis und Diabetes [Siddiqi et al., 2020]; weniger als die Hälfte der Patienten mit chronischen Erkrankungen wissen überhaupt, dass derartige Zusammenhänge existieren [Akl et al., 2021; Siddiqi et al., 2020]. Daraus ergibt sich ein gesteigerter Bedarf an Patientenaufklärung, die Notwendigkeit der Verbesserung der (Zahn-)Arzt-Patienten-Kommunikation sowie für das Erarbeiten zielgerichteter Interventionsprogramme für betroffene Patienten [Akl et al., 2021]. Erste Ansätze hierzu sind in der Literatur bereits beschrieben: Einerseits wurde versucht, Dentalhygienikerinnen direkt ins medizinische Team der Betreuung von Diabetespatienten einzubinden; diese betreuten Patienten mithilfe mobiler Behandlungseinheiten, was von diesen sehr gut angenommen wurde [Simon et al., 2019]. Einen völlig anderen, sehr zeitgemäßen Ansatz stellen mobile und digitale Lösungen für betroffene Patienten dar; diese sprechen den Patienten als Zielgruppe direkt an und adressieren damit das entscheidende Bindeglied in der Interaktion zwischen Zahn- und Allgemeinmedizin [Seitz et al., 2021]. RISIKOSCREENING UND FRÜHERKENNUNG Besonders bei Patienten mit einer schweren oder gar therapieresistenten Parodontitis sollte stets auch eine systemische Erkrankung wie beispielsweise ein Diabetes als modifizierenZÄ DEBORAH KREHER Poliklinik für Zahnerhaltung und Parodontologie, Universität Leipzig Liebigstr. 12, Haus 1, 04103 Leipzig Foto: privat Abb. 3: Integration des Diabetes-Screenings in ein Praxiskonzept Quelle: modifiziert nach [Schmalz et al., 2021] ZAHNMEDIZIN | 69

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