Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 14

zm112, Nr. 14, 16.7.2022, (1416) der Faktor (Erkrankungs- und/oder Progressionsrisiko) in Betracht gezogen werden. Aufgrund der hohen Zahl an unerkannten Diabetes-Fällen bietet sich ein Risikoscreening zur Früherkennung von Diabetes mellitus an [Genco et al., 2014; Estrich et al., 2019]. Dazu stehen verschiedene Methoden für die Praxis zur Verfügung. Fragebögen zur Risikoidentifikation Fragebögen zur Ermittlung eines möglichen Risikos für einen (Prä-) Diabetes sind ein zeitsparendes und non-invasives Instrument. Die am besten untersuchte Variante stellt hier das sogenannte Finnish Diabetes Risk Score (FINDRISK; Abbildung 2) dar [Tuomilehto et al., 2001]. Als zweites validiertes Verfahren existiert darüber hinaus der Diabetes-RisikoTest (DRT) des Deutschen Instituts für Ernährungsforschung [Schulze et al., 2007a, 2007b]. Ein Vorteil dieser Fragebögen ist die Möglichkeit, nicht nur das Risiko für das Vorliegen eines manifesten Diabetes, sondern auch das Risiko für die zukünftige Entwicklung einer Diabeteserkrankung zu ermitteln. Hierbei beantwortet der Patient acht Fragen, aus denen ein Punktwert ermittelt werden kann. Aus diesem Score kann anschließend das Diabetesrisiko abgeleitet werden (Abbildung 2), was die Umsetzung in der Praxis schnell und die Interpretation des Ergebnisses sowie dessen Kommunikation mit dem Patienten vereinfacht. Die maximale Punktzahl liegt bei 26 Punkten. Hat ein Patient einen Punktwert von≥ 12, erscheint die Vorstellung beim Hausarzt empfehlenswert, die mittels schriftlicher Zuweisung erfolgen sollte [Schmalz et al., 2021]. Eine zusätzliche (invasive) Untersuchung der Patienten ist nicht notwendig. Auch wenn (noch) kein Diabetes vorliegt, können die Fragebogen-basierten Instrumente zu einer Patientensensibilisierung und einer Bewusstseinssteigerung für die orale und systemische Gesundheit beitragen. Das Ergebnis des Fragebogens liefert zudem eine gute Argumentationsgrundlage dafür, dass eine weiterführende allgemeinmedizinische Untersuchung vorgenommen werden sollte, und stellt somit ein einfaches und direktes Kommunikationshilfsmittel zum betreuenden Hausarzt oder Internisten dar. Labormedizinische Screeningverfahren Als biochemische Untersuchungsverfahren können in der Zahnarztpraxis auch die Bestimmung der Glukosekonzentration und/oder des glykosylierten Hämoglobins (HbA1c) zur Feststellung eines möglichen Prädiabetes oder Diabetes mellitus eingesetzt werden. Wenngleich dies inzwischen minimalinvasiv möglich ist, wird in beiden Fällen eine Blutentnahme notwendig. Für die Praxis sind aktuell „point of care“-Tests (POC-Test) verfügbar, die eine schnelle und unkomplizierte Erfassung von Blutglukoseoder HbA1c-Werten ermöglichen (zum Beispiel Accu Check-Systeme, Roche Diabetes Care Deutschland GmbH, Mannheim). Wenngleich spezifischere Analysemethoden vorhanden sind (zum Beispiel AfinionTM, Alere GmbH, Köln), die exakte Messwerte wiedergeben, scheint deren Einsatz ein unverhältnismäßiger finanzieller, apparativer und diagnostischer Aufwand für die zahnärztliche Praxis zu sein. Unabhängig von der Validität und der Spezifizität der verwendeten Untersuchungsverfahren ist immer eine weiterführende beziehungsweise absichernde Diagnostik durch den Abb. 4: Bei Patienten mit schwerer, therapierefraktärer Parodontitis muss stets an einen möglichen Diabetes mellitus gedacht werden. In diesem Fall ergab das Screening einen Punktwert von 18 im FINDRISK; nach Zuweisung zum Hausarzt wurde ein vorher unbekannter Diabetes diagnostiziert. Quelle: Gerhard Schmalz Abb. 5: Die Mundgesundheit und die glykämische Einstellgüte der Patienten fußen auf verschiedenen Säulen, die die Zahnmediziner (grün) und die Allgemeinmediziner/Diabetologen (rot) oder beide Fachrichtungen gemeinsam (blau) sicherstellen müssen. Quelle: Gerhard Schmalz 70 | ZAHNMEDIZIN

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