Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 14

zm112, Nr. 14, 16.7.2022, (1418) Bereits im ersten Teil erfolgte die Einordnung von Diabetespatienten in Risikoprofile, angelehnt ans Prinzip der individualisierten Prävention [Schmalz und Ziebolz, 2020]. Bei der Therapie oraler Erkrankungen, insbesondere bei invasiven Behandlungen mit (hohem) Bakteriämierisiko ist die glykämische Einstellgüte zu beachten. Bei schlecht eingestellten Diabetikern (HbA1c über 8 Prozent) kann dabei das Risiko für systemische Infektionen erhöht sein [Carey et al., 2018], was entsprechend in Abhängigkeit von der Art des Eingriffs und der oralen Bakterien- beziehungsweise Entzündungslast eine prätherapeutische Antibiotikaprophylaxe (2 g Amoxicillin, alternativ 600 mg Clindamycin bei Penicillinallergie) erforderlich macht [Schmalz und Ziebolz, 2019]. Ansonsten können Behandlungsoptionen bei vorliegenden oralen Erkrankungen (zum Beispiel Karies, Erosion, Gingivitis und/oder Parodontitis) analog zum allgemeingesunden Patienten durchgeführt werden. Im Hinblick auf das erhöhte Risiko für Komplikationen bei Implantatsetzung und/oder das Risiko für periimplantäre Erkrankungen gibt es aktuell eine teils widersprüchliche Studienlage beziehungsweise eine nur limitierte Evidenz [Monje et al., 2017]. Dieser Teilaspekt bedarf immer einer individuellen Therapieentscheidung und -planung. Entscheidende Adaptionen sind jedoch im Bereich der präventiven Betreuung vonnöten; aus parodontologischer Sicht gibt das HbA1cabhängige Grading ein entsprechendes Nachsorgeintervall vor: Grad B (HbA1c < 7,0 Prozent) und Grad C (HbA1c ≥ 7,0 Prozent) zwei- beziehungsweise dreimal jährlich [Jepsen et al., 2018]. Darüber hinaus bedingt die Wechselwirkung von Diabetes und anderen oralen Veränderungen wie Mundtrockenheit, (Wurzel-)Kariesrisiko und potenziellen Mundschleimhautveränderungen auch unabhängig von der parodontalen Situation einen erhöhten Präventionsbedarf. Hinzu kommt der Aspekt der Primärprävention; auch mundgesunde Diabetiker bedürfen mundgesundheitsunabhängig einer intensiven und engmaschigen Prävention, da ihr orales Erkrankungsrisiko grundsätzlich erhöht ist [Schmalz und Ziebolz, 2019]. Primär geht es in der individualisierten Prävention und Medizin stets um die Erhöhung der Sicherheit, Effizienz und Effektivität der Therapiemaßnahmen [Schmalz und Ziebolz, 2020; Schleidgen et al., 2013]. Entsprechend müssen die Inhalte der individuellen Präventionssitzung Abb. 7: Individualisierter Präventionszyklus für Diabetespatienten: Die einzelnen Bausteine der Präventionssitzung müssen dabei auf die Bedürfnisse des Patienten (fallorientiert) adaptiert werden. Grundlage hierfür liefern das Risiko- und das Bedarfsprofil. Quelle: Gerhard Schmalz 72 | ZAHNMEDIZIN

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