zm112, Nr. 15-16, 16.8.2022, (1467) notwendige Leistungen, auf die die Versicherten neuerdings einen Rechtsanspruch haben, durch die Hintertür wieder gestrichen.“ Unaufgefordert hatte sich nach Bekanntwerden des Referentenentwurfs bereits die Deutsche Gesellschaft für Parodontologie (DG PARO) zu Wort gemeldet: „Wir fordern aus wissenschaftlicher Sicht mit Nachdruck dazu auf, von diesen Plänen Abstand zu nehmen – mindestens jedoch, die parodontologische Behandlung als präventionsorientierte Versorgung von der geplanten Budgetierung auszunehmen.“ Die neue PAR-Versorgung befinde sich immer noch ganz am Anfang der Einführungsphase, die über mehrere Jahre bis 2024 geplant sei, erklärte Prof. Dr. Bettina Dannewitz, Präsidentin der DG PARO. In einer budgetierten Gesamtvergütung, die für 2023 und 2024 vorgesehen sei, würde die neue PAR-Versorgungsstrecke komplett ausgebremst werden. Denn, so Dannewitz weiter, mit der neuen PAR-Strecke sei erstmals in der vertragszahnärztlichen Versorgung eine mehrjährige Leistungsstrecke verankert worden. Wesentliche Teile der Leistungen, die bereits jetzt beantragt und genehmigt wurden, würden erst in den Jahren 2023 und 2024 erbracht werden (insbesondere die Unterstützende Parodontitistherapie). Eine Budgetierung auf der Grundlage des Jahres 2022 würde die Erbringung dieser Leistungen verunmöglichen, da diese Leistungen im Budget des Jahres 2022 nicht abgebildet seien. Auch die Behandlung neuer Patienten würde aufgrund der Budgetierung nicht möglich sein. Die Deutsche Gesellschaft für AlterszahnMedizin e. V. (DGAZ) warnt eindringlich vor den negativen Auswirkungen des geplanten Gesetzes auf vulnerable Gruppen. Die wachsende Zahl älterer Patientinnen und Patienten, darunter besonders Menschen mit Pflegebedarf oder einer Beeinträchtigung, würde von solchen Sparmaßnahmen des Gesetzgebers in der ambulanten aufsuchenden Betreuung zu Hause oder in Pflegeeinrichtungen besonders hart getroffen. Die Politik dürfe die überaus erfolgreiche Arbeit der Zahnärzteschaft in diesem Bereich, die durch zahlreiche Gesetze zuvor jahrelang aktiv unterstützt wurde, nicht mutwillig gefährden, so die DGAZ. „SCHLAG INS GESICHT DER PATIENTEN“ Den Ärzten ist vor allem der Wegfall der Neupatientenregelung ein Dorn im Auge. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) spricht von einem „Schlag ins Gesicht der Patientinnen und Patienten“. Der Bundesgesundheitsminister wolle die Versorgung der Bürger einschränken. Im Gesetzesentwurf ist vorgesehen, dass die mit dem Terminserviceund Versorgungsgesetz (TSVG) eingeführte Neupatientenregelung gekippt und die Leistungen der sogenannten offenen Sprechstunde einer unbefristeten Bereinigung unterliegen sollen. Die Behauptung des Ministers, die Neupatientenregelung habe nichts gebracht, „stimmt einfach nicht“, monierte die KBV. Sie verwies auf eine Analyse des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi). Das Zi hatte aktuell nachgewiesen, dass mehr als jeder vierte gesetzlich versicherte Patient von der Regelung begünstigt wurde (siehe Kasten auf der nächsten Seite). In einem gemeinsamen Schreiben an Lauterbach äußerte die KBV gemeinsam mit den Kassenärztlichen Vereinigungen Unverständnis über die geplanten Leistungskürzungen für Patienten: Die Regelung, von der viele kranke Menschen profitiert hätten, sei eingeführt worden, damit Patienten, die keinen festen Hausarzt, Kardiologen oder Orthopäden hätten, einen schnellen unkomplizierten Zugang zur medizinischen Versorgung erhalten, so die Organisationen. Mit dem Gesetzentwurf würden aber die vielen offenen Sprechstunden von Ärzten ein jähes Ende finden. Viele Ärztinnen und Ärzte hätten dazu nicht zuletzt personell investiert und ihre Sprechstundenzeiten ausgebaut. „Wenn diese Instrumente nun wegfallen, DAS SIEHT DER KABINETTSENTWURF VOR: \ Begrenzung des Honorarzuwachses für Zahnärztinnen und Zahnärzte \ Die extrabudgetäre Vergütung von vertragsärztlichen Leistungen gegenüber sogenannten „Neupatienten“ wird abgeschafft. \ Der Zusatzbeitrag wird steigen. Auf Grundlage der Ergebnisse des GKV-Schätzerkreises im Herbst wird das Bundesministerium für Gesundheit den durchschnittlichen Zusatzbeitragssatz in der Gesetzlichen Krankenversicherung festlegen. Eine Anhebung um 0,3 Prozentpunkte sei derzeit nicht unrealistisch, heißt es im Entwurf. \ Die Finanzreserven der Krankenkassen werden mit einem kassenübergreifenden Solidarausgleich zur Stabilisierung der Beitragssätze herangezogen. Zudem wird die Obergrenze für die Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds halbiert. Übersteigende Mittel können für höhere Zuweisungen an die Krankenkassen genutzt werden, um die Finanzierungslücke weiter zu schließen. \ Der bestehende Bundeszuschuss zur GKV für 2023 wird von 14,5 Milliarden Euro auf 16,5 Milliarden Euro erhöht. \ Der Bund gewährt der GKV ein unverzinsliches Darlehen für 2023 von einer Milliarde Euro an den Gesundheitsfonds. \ Für das Jahr 2023 ist ein um fünf Prozentpunkte erhöhter Herstellerabschlag insbesondere für patentgeschützte Arzneimittel vorgesehen. \ Das Preismoratorium bei Arzneimitteln wird bis Ende 2026 verlängert. POLITIK | 17
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