zm112, Nr. 15-16, 16.8.2022, (1482) saler Schallverstärkung und nicht nachweisbarem Dopplerecho kein Hinweis auf einen flüssigkeitsgefüllten, epithelial ausgekleideten oder perfundierten Hohlraum zeigte (Abbildung 2), konnten diese Differenzialdiagnosen somit schnell ausgeschlossen werden. Weiter ist die Lokalisation der Unterlippe und der Wange für eine Pathologie der kleinen oder der großen Speicheldrüsen untypisch und macht auch hier die Diagnose unwahrscheinlich. Letztendlich war zur Diagnosesicherung die histografisch kontrollierte Exzisionsbiopsie indiziert, die im beschriebenen Fall eine metachrone Absiedlung eines klarzelligen NZK nachweisen konnte. DAS NIERENZELLKARZINOM Epidemiologie und Ätiologie Das klarzellige NZK ist ausgehend von den Tubulusepithelzellen der Niere mit einem Anteil von drei Prozent aller Tumore ein seltenes Adenokarzinom [RKI, 2021]. Aufgrund der langen Symptomlosigkeit sind ein Großteil sono- oder computertomografische Zufallsbefunde. Ein frühes invasives Wachstum mit Einbruch ins Nierenbecken erklärt das Leitsymptom: schmerzlose Hämaturie. Dieses gilt sehr unspezifisch für alle Neoplasien der Niere und der oberen Harnwege und kann genauso durch viele andere Pathologien wie zum Beispiel einen klassischen Harnwegsinfekt, ein Trauma, eine Antikoagulantieneinnahme, eine Nephrooder Urolithiasis sowie Nephritiden verursacht werden. Die Metastasierung maligner Zellen erfolgt typischerweise hämatogen über Invasivität in die Vena renalis und Streuung über die Vena cava inferior mit Fernmetastasen in Lunge, Knochen, Leber und Gehirn [McKay et al., 2014]. 25 Prozent der Frauen mit einem NZK haben hämatogene Fernmetastasen zum Zeitpunkt der Diagnose [Herold, 2017]. Das NZK kann erworbener oder hereditärer Genese sein. Als Risikofaktoren für ein erworbenes NZK gelten: Adipositas, chronische Niereninsuffizienz, Rauchen, arterielle Hypertonie, berufliche Exposition: halogenierte Kohlenwasserstoffe und Röntgenstrahlung [Capitanio et al., 2019]. Die hereditäre Variante zeigt ätiologisch heterogene Mutationen im vonHippel-Lindau-Gen [Creighton et al., 2013]. Die häufigste Lokalisation des NZK ist der obere Nierenpol, wodurch sich der alte Name „Hypernephrom“ erklären lässt. Klinik Allgemein sind Patienten mit NZK lange symptomarm. Auffällig wird das NZK erst spät durch eine schmerzlose Makrohämaturie, einen Flankenschmerz, einen tastbaren Oberbauchtumor oder eine neu aufgetretene Varikozele als Zeichen einer unteren Einflussstauung infolge der Komprimierung der Venae testiculares [Bergmann et al., 2022]. Eine B-Symptomatik mit Gewichtsabnahme, Nachtschweiß und Fieber unklarer Genese ist genauso unspezifisch möglich wie eine vielfältige Anzahl paraneoplastischer Syndrome. Diese treten als Polyzythämie, Neuropathie, Hyperkalzämie, unklare Leberwerterhöhungen mit Gerinnungsstörungen (Stauffer-Syndrom), Gynäkomastie, Cushing-Syndrom, Hirsutismus oder Thrombozytose in Erscheinung [Bedke et al., 2007]. Bei klinisch asymptomatischen, inzidentellen Befunden handelt es sich meist um ein frühes Tumorstadium mit vergleichsweise besserer Prognose [Carlo et al., 2019]. Ist die Symptomatik durch Metastasen verursacht, entspricht sie einer Pathie im betroffenen Organ oder Gewebe. Beispielsweise leidet der Patient an Knochenschmerzen oder pathologischen Frakturen bei Skelettbefall, Husten und Dyspnoe bei pulmonalen oder an neurologischen Ausfällen bei zerebralen oder spinalen Metastasen [Bergmann et al., 2022]. Diagnostik NZK werden in etwa 50 Prozent der Fälle zufällig im Rahmen von sonografischen oder computertomografischen Untersuchungen [Bergmann et al., 2022] diagnostiziert. Die klinische Diagnostik beinhaltet neben der körAbb. 3: Intraoperativer Befund: kapsulär im umliegenden Weichgewebe eingebettete Raumforderung Foto: MKG-Chirurgie, Universitätsmedizin Göttingen DR. MED. DR. MED. DENT. BORIS SCHMINKE Klinik für Mund-, Kiefer-und Gesichtschirurgie der Universitätsmedizin Göttingen Robert-Koch-Str. 40, 37099 Göttingen Foto: Universitätsmedizin Göttingen ZM-LESERSERVICE Die Literaturliste kann auf www.zm-online.de abgerufen oder in der Redaktion angefordert werden. 32 | ZAHNMEDIZIN
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