Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 15-16

zm112, Nr. 15-16, 16.8.2022, (1518) ANGEBOTE IN BENACHTEILIGTEN STADTTEILEN Gesundheitskioske lotsen in die passende Versorgung Was ist ein Gesundheitskiosk? Dahinter verbirgt sich kein Geschäft, sondern ein neuer Ansatz, um Menschen in sozial benachteiligten Stadtteilen gesundheitlich besser zu versorgen. Das niedrigschwellige Angebot hilft ihnen dabei, den passenden Arzt oder die geeignete Therapie zu finden und sich besser gesund zu erhalten. Hamburg war Vorreiter, jetzt folgen andere Städte nach. Kommt nun bald auch ein Gesetz, um das Konzept bundesweit zu etablieren? Nachdem es in Hamburg erfolgreich etabliert wurde, hat das Konzept der Gesundheitskioske auch im Koalitionsvertrag der Ampel seinen Niederschlag gefunden: SPD, Grüne und FDP haben dort die Einrichtung von Gesundheitskiosken in besonders benachteiligten Kommunen und Stadtteilen vereinbart. Vor Kurzem wurde bekannt, dass sogar ein entsprechendes Gesetzesvorhaben in Vorbereitung ist, die Gespräche laufen. Weitere Informationen wie Eckpunkte oder einen Zeitplan hat das Bundesgesundheitsministerium (BMG) allerdings noch nicht veröffentlicht. Hamburg hat es vorgemacht: Ab 2017 gingen die bundesweit ersten Gesundheitskioske in den sozioökonomisch benachteiligten Stadtteilen Billstedt, Mümmelmannsberg und Horn an den Start. Ziel ist der Abbau sozialer Ungleichheiten und eine gesundheitliche Chancengleichheit bei Prävention und Versorgung. In den Stadtteilen leben überdurchschnittlich viele Empfänger von Sozialleistungen, Menschen mit Migrationshintergrund oder Alleinerziehende. Chronische Krankheiten treten früher und häufiger auf und das durchschnittliche Sterbealter ist niedriger als im Hamburger Durchschnitt. Außerdem gibt es dort deutlich weniger Haus- und Fachärzte als in anderen Stadtteilen Hamburgs. Für die Umsetzung des Gesundheitskiosks in Hamburg ist eine zentrale Koordination eingerichtet worden, die das Netzwerk aufbaut und steuert und die Verhandlungen mit Projektpartnern führt. Hierfür wurde 2016 die regionale Managementgesellschaft „Gesundheit für Billstedt/Horn UG“ gegründet. Gesellschafter sind das Ärztenetz Billstedt-Horn e. V., der Gesundheitskiosk e. V., die SKH Stadtteilklinik Hamburg GmbH und der NAV-Virchow-Bund – Verband der niedergelassenen Ärzte Deutschlands e. V. Die Grundidee eines solchen Netzwerks wird übrigens schon seit über zehn Jahren in Baden-Württemberg mit der Initiative Gesundes Kinzigtal umgesetzt. Der Ansatz der Hamburger: Durch eine weitreichende Vernetzung von Ärzteschaft, Pflegeheimen, Stadtteilkliniken, Sportvereinen, Schulen und Krankenkassen wird die Eigenverantwortung von Patienten gestärkt, die Ärzte werden entlastet und die Kosten für die Gesundheitsversorgung gesenkt. Ärztlicherseits steht dahinter das Ärztenetzwerk Billstedt/Horn, also die Ärzte, die vor Ort mitmachen und ihre Patienten bei Bedarf an die konkreten Beratungs- und Förderungsangebote der Kioske überund verweisen können. Die Kioske haben Lotsenfunktion zwischen der örtlichen medizinischen und der sozialen Infrastruktur. GEZIELTE SCHULUNG UND KULTURSENSIBLE BETREUUNG Die Mitarbeitenden verweisen an die Ärzte und begleiten die Menschen vor Ort auf ihrem Weg in eine geeignete Behandlung. Im Gesundheitskiosk arbeiten sieben Gesundheitsfachkräfte Fotos: Gesundheit für Billstedt/Horn UG Der Gesundheitskiosk in Hamburg-Billstedt 68 | POLITIK

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