Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 15-16

zm112, Nr. 15-16, 16.8.2022, (1519) im Sinne des neu geschaffenen Berufsbilds der „Community Health Nurse“ – darunter Pflegewissenschaftler, Pflegefachkräfte, Gesundheitswissenschaftler und Medizinische Fachangestellte. Zur Vorbereitung haben die Mitarbeiter ein umfassendes Schulungsprogramm am Institut für Allgemeinmedizin und Poliklinik (IPA) des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf durchlaufen und bei den in Billstedt und Horn niedergelassenen Ärzten, Stadtteileinrichtungen und Verbänden hospitiert. Die Beratungskräfte stammen aus verschiedenen Kulturen und können entsprechend kultursensibel auf die Patienten eingehen. Mit den im Team gesprochenen acht Sprachen (Polnisch, Türkisch, Russisch, Farsi/Dari, Portugiesisch, Spanisch und Englisch), die im Stadtteil besonders häufig sind, können sie viele der Menschen mit Migrationshintergrund auch in ihrer Muttersprache betreuen. Zum Kiosk kommen Menschen mit ganz unterschiedlichem Behandlungsbedarf. Thematisch geht es um ein breites Spektrum – etwa um die Suche nach dem richtigen Haus- und Facharzt, um Hilfe beim Verstehen von Arztbriefen, um Beratung zu Prävention, Bewegung und Ernährung, Schwangerschaft, Erziehung, Vorsorge oder Pflege. Gelegentlich kommen auch zahnmedizinische Themen zur Sprache. Die Patienten können auf Empfehlung ihres Arztes, einer sozialen Einrichtung oder auf eigene Initiative in den Gesundheitskiosk kommen. Das Erstgespräch dauert in der Regel 45 bis 60 Minuten. Die Hamburger Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz unterstützt das Projekt. Finanziert wurde es von 2017 bis 2019 vom Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) mit Mitteln der gesetzlichen Krankenkassen. Das Projekt ist kürzlich vom Innovationsausschuss des G-BA für die Regelversorgung empfohlen worden. Seit dem 1. Januar 2020 wird das Modell von den vier Krankenkassen AOK Rheinland/Hamburg, DAK-Gesundheit, BARMER und Techniker Krankenkasse im Rahmen von Selektivverträgen finanziert und dauerhaft weitergeführt. Für die Nutzenden des Kiosks ist das Angebot kostenlos. Das Hamburg Center for Health Economics (HCHE) hat zu dem Projekt eine umfangreiche wissenschaftliche Evaluation veröffentlicht. Demnach schaffen die Kioske für die Menschen einen besseren Zugang zur Versorgung, erhöhen die Zufriedenheit der Patienten und entlasten die Ärzteschaft. Über die Wirtschaftlichkeit konnten keine belastbaren Aussagen getroffen werden, hierzu sei der untersuchte Zeitraum noch zu kurz, hieß es. WEITERE KIOSKE NACH HAMBURGER VORBILD Inzwischen sind auch in anderen Städten Deutschlands – vornehmlich in Nordrhein-Westfalen – weitere Gesundheitskioske nach dem Hamburger Vorbild eröffnet worden: \ Köln: Das Netzwerk „dieKümmerei“ hat im September 2021 ihre erste Quartierszentrale in Köln-Chorweiler eröffnet, einem Stadtteil, in dem Menschen mit niedrigem sozioökonomischem Status leben. Das neunköpfige Team ist multiethnisch, mehrsprachig und multidisziplinär aufgestellt und unterstützt die Bürgerinnen und Bürger bei allen Gesundheits- und Sozialthemen: So begleiten die Mitarbeitenden sie zum Beispiel bei Arztbesuchen und Behördengängen, beraten und übersetzen, vermitteln an Einrichtungen vor Ort. Aufgebaut wird das Netzwerk von der HerzNetzCenter GmbH gemeinsam mit der AOK Rheinland/ Hamburg, der Stadt Köln und den vor Ort bereits engagierten Akteuren und Initiativen. Insgesamt zwölf Sprachen sprechen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Cagla Kurtcu, Gesundheitsberaterin, bei einem Patientengespräch „Gesundheitskioske vermitteln den Menschen Gesundheitswissen, stärken die Gesundheitskompetenz und tragen zu einer präventiv wirkenden Gesundheitsversorgung bei. Die enge Kooperation mit den niedergelassenen Haus- und Fachärzten garantiert eine qualifizierte und gleichzeitig niedrigschwellige Versorgung, die in vielen Muttersprachen erfolgt. Damit wird auch eine kultursensible Versorgung gewährleistet.“ Alexander Fischer, Geschäftsführer Gesundheit für Billstedt/Horn UG POLITIK | 69

RkJQdWJsaXNoZXIy MjMxMzg=