zm112, Nr. 17, 1.9.2022, (1576) BBC-RECHERCHE ZUR ZAHNMEDIZIN IM NHS Zahnarzttermin – für Briten (fast) ein Ding der Unmöglichkeit Neun von zehn NHS-Zahnarztpraxen in Großbritannien nehmen keine neuen erwachsenen Patienten zur Behandlung an, acht von zehn keine Kinder. Die BBC ermittelte, wie schlimm es auf der Insel wirklich um die Zahnmedizin bestellt ist. BBC News kontaktierte nach eigenen Angaben fast 7.000 NHSPraxen – aus Sicht der Reporter sind das fast alle, die Behandlungen im Rahmen des öffentlichen Gesundheitsdienstes NHS anbieten. Ergebnis: In einem Drittel der mehr als 200 Gemeindebezirke des Vereinigten Königreichs gibt es keine Zahnärzte, die erwachsene NHS-Patienten aufnehmen. Die British Dental Association (BDA) bezeichnete die Studie als „die umfassendste und detaillierteste Bewertung des Patientenzugangs in der Geschichte des Dienstes“. Das Gesundheitsministerium erklärte daraufhin, es habe zusätzliche 50 Millionen Pfund zur Verfügung gestellt, um den Behandlungsrückstau infolge der Pandemie zu beseitigen, und dass die Verbesserung des Zugangs zum NHS Priorität habe. MANCHE BRITEN ERNÄHREN SICH NUR NOCH VON SUPPE Ihrem Bericht zufolge stieß die BBC bei ihrer Recherche im ganzen Land auf Menschen, die sich eine private zahnmedizinische Versorgung nicht leisten können und auf subventionierte Tarife angewiesen sind. Die zahnärztliche Behandlung im NHS ist für die meisten Erwachsenen nicht kostenlos, wird aber subventioniert. Der Mangel an NHS-Terminen führt offenbar dazu, dass Menschen Hunderte von Kilometern zum Zahnarzt fahren, sich selber ihre eigenen Zähne ohne Betäubung ziehen, sich improvisierte Prothesen anfertigen oder sich fast nur noch von Suppe ernähren. Die Untersuchung ergab: \ Am schlimmsten ist es im Südwesten Englands, in Yorkshire und Humber sowie im Nordwesten, wo ZUR METHODIK DER RECHERCHE Die BBC ermittelte auf Basis von Listen der NHS-Organisationen 8.523 Zahnarztpraxen im gesamten Vereinigten Königreich, die die Reporter dann im Mai, Juni und Juli telefonisch befragten. Anschließend wurden diejenigen Praxen ausgeschlossen, die telefonisch nicht erreichbar oder dauerhaft geschlossen waren, die der Öffentlichkeit nicht für allgemeine und routinemäßige zahnärztliche Behandlungen zur Verfügung standen, einschließlich Krankenhäuser, und die keine NHS-Praxis waren. Übrig blieben 6.880 Praxen. Ein Zahnarzttermin ist in Großbritannien mittlerweile vergleichbar mit einem Sechser im Lotto. Die Regierung macht für den Notstand die Corona-Pandemie verantwortlich. Die BDA sagt, man habe das System über Jahre systematisch kaputtgespart. Foto: Martin Lee_adobe.stock.com 14 | POLITIK
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