Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 18

zm112, Nr. 18, 16.9.2022, (1708) Zudem wird eine Vielzahl von (zahn-)medizinischen Qualifikationsarbeiten kumulativ, also auf der Basis einer oder mehrerer Zeitschriftenartikel, verfasst. Die darin verwendeten Forschungsergebnisse wurden vielfach im Team erarbeitet. Welcher Doktorand jedoch welche Daten auswertet, bleibt oft unklar. Das Ergebnis: fehlende Trennschärfe und mangelnde Transparenz bei der Datenauswertung [Barthélémy, 2015]. Hinzu kommt, dass im Wissenschaftsbetrieb die Redewendung „publish or perish“ („veröffentliche oder gehe unter“) zunehmend an Relevanz gewonnen hat. So steigt der informelle Druck für Doktoranden und Wissenschaftler, in einer immer kürzen Zeit eine immer größere Anzahl an Publikationen in anerkannten Fachzeitschriften zu platzieren. Die thematische Passgenauigkeit einer Zeitschrift wird dabei manchmal dem Impact Factor untergeordnet. Das Renommee eines Wissenschaftlers wird gelegentlich an seinem H-Index gemessen [Elsing, 2011]. Der H-Index (oder Hirsch-Index) gibt Auskunft darüber, wie viele Veröffentlichungen eines Autors wie häufig zitiert worden sind. Bei einem H-Index von 5 sind mindestens fünf Publikationen mindestens fünf Mal zitiert worden. Dabei ist irrelevant ob eine Publikation 100 Mal, und 100 weitere Publikationen höchstens vier Mal zitiert wurden. Das Aufteilen von Daten auf mehrere Veröffentlichungen (Salamitaktik) sowie die Selbstzitation können den H-Index steigern. UND WIE OFT BIST DU SO ZITIERT WORDEN? Der Impact Factor misst die Anzahl der Zitationen von Beiträgen einer Zeitschrift in den vergangenen zwei Jahren geteilt durch die Anzahl der veröffentlichten Beiträge. Erscheinen in einem Journal etwa in 24 Monaten 50 Beiträge und die Zeitschrift wird 25 Mal zitiert so erhält sie einen Impact Factor von 0,5. Aufgrund unterschiedlicher Zitiergewohnheiten unterscheiden sich die Impact-Faktoren von Zeitschriften aus unterschiedlichen Wissenschaftszweigen allerdings teils drastisch. In den Geisteswissenschaften, wo Buchkapitel und Bücher bis heute eine wichtige Rolle spielen, wird er bis heute nicht angewendet. Ebenfalls kritisch zu bewerten ist, dass der Rang einer Zeitschrift gemäß dem Impact Factor durch das privatwirtschaftliche Unternehmen Clarivate Analytics (früher Thomson Reuters) festgelegt wird. Die kostenpflichtige firmeneigene Datenbank Journal Citation Reports informiert über den jeweiligen „Wert“ der Zeitschriften [Universität Regensburg, 2019]. Foto:saad – adobe.stock.com Kollateralschaden Karies: Die Vipeholm-Studie aus den Jahren 1945 bis 1955 gilt heute als ein Beispiel für ethisch verwerfliche Forschung am Menschen in der Zahnmedizin. Versuche, bei denen die TeilnehmerInnen große Mengen an Süßigkeiten zu sich nehmen mussten, führten zu vielen Fällen von Karies, zahlreiche Gebisse wurden zerstört. 18 | GESELLSCHAFT

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