Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 18

zm112, Nr. 18, 16.9.2022, (1713) YouTube ist in aller Munde – ob zur Unterhaltung oder als Inspirationsquelle für DIY-Projekte und Kochrezepte. Insbesondere seit der Pandemie ist das Angebot an Videos zu gesundheitlichen Themen noch einmal deutlich gestiegen – darunter sind auch zahlreiche zahnmedizinische Inhalte. Das breite Themenangebot reicht von Ratschlägen zur Zahnpflege bei Kindern über Informationen zu WeisheitszahnExtraktionen bis hin zum Umgang mit dentalen Traumata. Doch wie verlässlich sind die dort verbreiteten Informationen? Inzwischen haben verschiedene Studien die zahnmedizinischen Videos genauer unter die Lupe genommen. Die gute Nachricht vorab: Der Anteil von Falschinformationen ist nicht allzu groß. Dennoch ist in puncto Qualität und Inhaltsdichte noch Luft nach oben. Die Videos haben mal mehr, mal weniger Informationsgehalt und die, die fachlich korrekt sind, wurden oft wenig ansprechend gestaltet. Die inhaltlich besten Videos stammen von Fachpersonal aus dem zahnärztlichen Bereich. Viele Reaktionen in Form von Likes scheinen in manchen Fällen einen Hinweis auf guten Inhalt zu geben, sind aber natürlich kein verlässliches Kriterium. Generell gilt: Wurde der Content von zahnmedizinischem Fachpersonal erstellt – darin sind die meisten Studien einig – kann davon ausgegangen werden, dass der Inhalt hohen Qualitätskriterien entspricht. FACHLICH GUT, ABER ÄSTHETISCH SCHLECHT? Eine Studie von Alraqiq und Kollegen untersuchte die Qualität der 100 am häufigsten geklickten Zahnputz-Videos in englischer Sprache und verglich DIE STUDIENLAGE Wie gut sind zahnmedizinische YouTube-Videos? Wer sich über die Zahnpflege und Mundgesundheit informieren möchte, wird auf YouTube fündig. Aber wer spricht? Und wie seriös ist das? STATEMENT PROF. JOHAN WÖLBER „VIDEOS FUNKTIONIEREN NUR UNTER BESTIMMTEN VORAUSSETZUNGEN“ „Eigene Arbeiten zu E-Learning haben gezeigt, dass Videos für einen ersten Überblick über ein Thema ziemlich gut funktionieren können. Dies gilt vor allem für neue Themen, denen man sich erstmalig zuwendet. Vor einem Zahnarztbesuch könnte man sich also mithilfe eines YouTube-Videos beispielsweise über bestimmte Abläufe in der Praxis informieren. Hier sollte natürlich zielgruppenorientiert gedacht werden: Einfache Formulierungen komplexer Inhalte sind dabei genauso wichtig wie die visuellen Aspekte – Bildsprache hilft nicht nur, Inhalte besser zu verstehen, sondern auch, sich an diese zu erinnern. Problematisch an YouTube ist aus meiner Sicht, dass jeder berechtigt ist, Videos zu allen möglichen Themen hochzuladen. Das führt leider auch zu unvollständigen oder falschen Informationen. Ein Tipp wäre deshalb, die vermittelten Informationen mit Quellen zu belegen. Hier kann zum Beispiel mit „Bild im Bild“-Darstellungen gearbeitet werden. Werden die Quellen direkt im Video offengelegt, schafft dies Transparenz für die Betrachtenden. Die wissen dann gleich, woher die Informationen stammen und wie aktuell diese sind. Wenn es allerdings komplexer wird oder es um individuelle Fragestellungen geht, stoßen Videos durch ihre Eindimensionalität an Grenzen. Nennen wir beispielhaft die häusliche Mundhygiene. Generelle Empfehlungen hierzu können durch ein von ZahnärztInnen erstelltes YouTube-Video ausgesprochen werden. Aber spätestens, wenn es etwa um die InterdentalraumHygiene geht – konkret die Individualisierung der Interdentalraumbürstchen – sind die Grenzen eines Videos erreicht. Ein positiver Nebeneffekt ist, dass sich PatientInnen, die über ein YouTube-Video auf eine Praxis aufmerksam werden, gleich einen Eindruck von dem Zahnarzt oder der Zahnärztin verschaffen können. Dies kann bereits vor dem Praxisbesuch eine Art Vertrautheit schaffen, was vor allem für ängstliche Menschen hilfreich sein kann.“ Prof. Johan Wölber (Freiburg) forscht in den Bereichen digitale Lehre und zahnmedizinische Psychologie / Zahnarzt-PatientenKommunikation. Er hat das E-Learnig-Tool eMI-med mitentwickelt, mit dem man „Motivierende Gesprächsführung“ erlernen kann. Foto: Zahnärzte für Niedersachsen e. V. TITEL | 23

RkJQdWJsaXNoZXIy MjMxMzg=