Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 18

zm112, Nr. 18, 16.9.2022, (1714) die vermittelten Informationen mit professionellen Empfehlungen [2021]. 78 Prozent der Videos stammten von unabhängigen Medien, 70 Prozent der publizierten Inhalte adressierten Kinder. Rund die Hälfte der Videos war nicht länger als zwei Minuten. Die Forschenden bemängelten, dass nur 38 Prozent der Videos die Häufigkeit des Zähneputzens, nur 24 Prozent die Putzdauer, nur 21 Prozent die Zahnpasta-Menge, nur 19 Prozent die Empfehlung zur Verwendung von Fluoridzahnpasta, nur vier Prozent die Wahl der Zahnbürste und nur drei Prozent deren Austauschzeitpunkt fachlich korrekt wiedergaben [Alraqiq et al., 2021]. Das Fazit der Forschenden lautet: Videos, die von Fachleuten aus dem Gesundheitswesen erstellt wurden, sind grundsätzlich eher konform mit den professionellen Empfehlungen und daher zu bevorzugen, wobei sie meist weniger ansprechend gestaltet sind. Geklickt werden sie aber weniger häufig als die von unabhängigen Medien produzierten Inhalte. Tozar et al. suchten auf YouTube nach dem Schlagwort „trauma in pediatric dentistry“ und ließen sich die relevantesten Ergebnisse anzeigen [2021]. Die ersten 127 gelisteten Videos wurden analysiert. 90 Prozent waren von Fachpersonal erstellt worden und durchschnittlich 16 Minuten lang. Die Forschenden bewerteten nahezu die Hälfte der Videos (47 Prozent) als inhaltlich schwach, 31 Prozent als mittel und 21 Prozent als gut. Sie halten die Videos für nützlich, aber durchaus verbesserungswürdig. Ähnlich sieht die Einschätzung von Ozturk und Gumus aus, die YouTube-Videos mit dem Themenschwerpunkt „kieferorthopädische Frühbehandlung“ durchsucht haben [2022]. Sie bewerteten die Qualität der Inhalte im Allgemeinen als „unzureichend“, mit Ausnahme der von Zahnärztinnen und Zahnärzten produzierten Inhalte. MEHR INHALT = MEHR LIKES Eine türkische Gruppe von WissenschaftlerInnen, die Videos zum Thema „orale Candidiasis“ bewertet hat, zieht ein vergleichsweise gutes Fazit: Rund 83 Prozent der 133 inkludierten Studien waren einigermaßen beziehungsweise sehr nützlich [Ceylan et al., 2022]. Rund die Hälfte der Videos aus der Studie war von Fachleuten des Gesundheitswesens hochgeladen worden. Interessant ist die Feststellung, dass hier die Nützlichkeit und Qualität mit der Anzahl der Likes in Zusammenhang stand. Eine weitere Forschungsgruppe beobachtete Ähnliches: Videos mit ausgezeichnetem Inhalt hatten die meisten Interaktionen (Likes/Dislikes/ Kommentare) [Yavuz et al., 2020]. Aksoy und Topsakal verwendeten den Suchbegriff „children oral health“ und analysierten nach einer Vorauswahl 40 Videos [2022]. Durchschnittlich bewerteten sie die inhaltliche Fülle der Videos als „schlecht“. Sie fanden zwar keine falschen Inhalte, allerdings fehlten oft wichtige Aspekte. Die Reaktionen in Form von Kommentaren und Likes waren bei Videos mit viel Informationsgehalt hier ebenfalls häufiger. „Zahnhygieniker und Zahnärzte sollten sich jedoch des Bedarfs in diesem Bereich bewusst sein und mehr Anstrengungen unternehmen, um die YouTubeTM-Videos über die Mundgesundheit von Kindern [...] zu verbessern“, lautet der abschließende Apell der AutorInnen [Aksoy und Topsakal, 2022]. \ INTERVIEW MIT YOUTUBE-EXPERTE MICHAEL LEBER „AUTHENTIZITÄT UND HERZLICHKEIT PUNKTEN“ Was ist eigentlich YouTube und welche Zielgruppe erreicht man mit der Plattform? YouTube ist eine Videoplattform, die das kostenfreie Hochladen und Veröffentlichen von Videos ermöglicht. Mit einem Marktanteil von rund 80 Prozent ist YouTube die mit Abstand beliebteste Videoplattform in Deutschland. Die hochgeladenen Inhalte können von Besuchern der Webseite über die Suchfunktion gefunden und angesehen werden. Alternativ kann auch ein Link direkt zu einem bestimmten Video geteilt werden. Bei Deutschen unter 20 ist YouTube besonders beliebt. In den ersten Jahren wurde die Plattform zunächst von einer tendenziell jüngeren Zielgruppe verwendet. Nach nun 17 Jahren hat sich dieses Bild gewandelt: 68 Prozent der Über-59Jährigen sind regelmäßig auf YouTube. Bei den 12- bis 19-jährigen sind es sogar 100 Prozent. Nach Google ist YouTube übrigens die zweitgrößte Suchmaschine der Welt. Täglich werden alle erdenklichen Themen in die Suchfunktion der beiden Plattformen eingegeben – hier spielen Gesundheitsthemen eine immer größere Rolle. Wie kann man YouTube als Zahnarzt oder Zahnärztin für sich nutzen? Bevor ich diese Frage beantworte, ist es wichtig, sich zunächst Gedanken zu machen, warum sich PatientInnen für eine bestimmte zahnärztliche Praxis entscheiden. Kaufentscheidungen im Allgemeinen und damit auch die Wahl einer Zahnarztpraxis basieren auf Vertrauen und einem „guten Gefühl“. Dieses Vertrauen kann etwa über eine Empfehlung von Freunden oder auch über vertrauensMichael Leber ist Geschäftsführer der Produktions- und Beratungsfirma SHARP Media Group in Mannheim, die Praxen und Firmen im Bereich Marketing berät und Werbeinhalte wie Imagefilme, Werbefotos oder Kurzvideos produziert. Außerdem unterstützt er ZahnärztInnen bei der Erstellung der Inhalte und der technischen Umsetzung. Foto: James Medcraf ZM-LESERSERVICE Die Literaturliste kann auf www.zm-online.de abgerufen oder in der Redaktion angefordert werden. 24 | TITEL

RkJQdWJsaXNoZXIy MjMxMzg=