zm112, Nr. 18, 16.9.2022, (1738) Umschlossen von Schmelz und Dentin befindet sich im Inneren des Zahnes das Weichgewebe der Zahnpulpa. Dieses besteht aus dem an das Dentin angrenzenden Odontoblastensaum, der von polaren, terminal differenzierten und hochspezialisierten Zellen gebildet wird, des Weiteren aus Fibroblasten, Stammzellen, verschiedenen Zellen des Immunsystems sowie Nervfasern, Blut- und Lymphgefäßen. Während der Zahnentwicklung bilden die Odontoblasten Dentin, wobei Zellfortsätze im Hartgewebe verbleiben, was dem Dentin die tubuläre Struktur verleiht und dieses zu einem vitalen Gewebe macht. Die Dentinbildung gilt als primäre Funktion der Pulpa, das Gewebe erfüllt jedoch weitere wichtige Aufgaben. Da Schmelz und Dentin durch organische Säuren von in der Mundhöhle vorhandenen Mikroorganismen, die sich im Biofilm organisieren, demineralisiert und zerstört werden können, besitzt die Pulpa etliche Abwehrmechanismen gegen Bakterien. Dabei nehmen die Odontoblasten, ähnlich wie epitheliale Zellen an anderen Stellen des Körpers, eine Barrierefunktion ein. Einerseits sind sie in der Lage, Bestandteile von Bakterien über spezifische Rezeptoren zu erkennen und diese Information an benachbarte Immunzellen wie dendritische Zellen weiterzugeben, andererseits besitzen sie ein Repertoire von Abwehrmechanismen – unter anderem bilden sie antibakterielle Peptide sowie Proteine, die bakterielle Toxine neutralisieren, sowie Stickstoffmonoxid oder andere für Bakterien schädliche Substanzen. Odontoblasten initiieren somit auch die Immunantwort, die sie im weiteren Verlauf sowohl abschwächen als auch verstärken können [Hahn und Liewehr, 2007]. Zudem geht man davon aus, dass Odontoblasten wesentlich an der Schmerzleitung beteiligt sind. Nervfasern verlaufen mit den Odontoblastenfortsätzen in den Dentintubuli, diese wiederum besitzen Querverbindungen, die eine Kommunikation der Zellen untereinander ermöglichen [Magloire et al., 2009]. Die Stimulation afferenter Nervfasern führt zur Ausschüttung von Neuropeptiden und Neurotransmittern, die eine Abb. 1: Struktur der gesunden Pulpa, Hämatoxylin-Eosin-Färbung: Erkennbar ist das vaskularisierte Weichgewebe im Zahninneren, der Odontoblastensaum mit angrenzendem Prädentin und tubulärem Dentin. Quelle: Matthias Widbiller FORTBILDUNG REGENERATIVE THERAPIEN Die Regeneration der Pulpa Kerstin Galler, Eva Maier, Matthias Widbiller Die Idee ist verlockend: Nach der Wurzelkanalaufbereitung wird durch gezieltes Überinstrumentieren im apikalen Bereich ein Blutfluss in den Wurzelkanal initiiert. Das entstehende Blutkoagel enthält Stammzellen, die dann eine neue Pulpa bilden. Die perfekte Regeneration gelingt dadurch jedoch nicht, statt einer originären Pulpa entstehen häufig ektopische Gewebe. Dennoch kann die „biologische Wurzelkanalfüllung“ nützliche Eigenschaften entwickeln und bei jungen Patienten mit nicht abgeschlossenem Wurzelwachstum zur Stärkung der dünnen Wurzelwände führen. ZM-LESERSERVICE Die Literaturliste kann auf www.zm-online.de abgerufen oder in der Redaktion angefordert werden.
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