zm112, Nr. 18, 16.9.2022, (1764) Aus diesen Gründen wird in der aktuellen S3-Leitlinie zur PAR-Therapie der Stadien I – III in bestimmten Situationen im Rahmen der chirurgischen Phase der Therapie (Stufe 3) ausdrücklich die Anwendung regenerativer Therapieverfahren empfohlen [Sanz et al., 2020; AWMF]. Die Begründung für die Integration regenerativer/rekonstruktiver Protokolle ins Gesamtbehandlungskonzept wird durch Erkenntnisse aus einer Vielzahl von randomisierten, kontrollierten klinischen Studien (RCTs) gestützt, die im Vergleich zu herkömmlichen Behandlungen, wie zum Beispiel der Zugangslappenoperation, im Allgemeinen größere klinische Verbesserungen nach solchen Ansätzen zeigten [Nibali et al., 2020; Jepsen et al., 2020]. Auch kann die regenerative Parodontalchirurgie im Vergleich zu herkömmlichen oder taschenresektiven chirurgischen Maßnahmen überlegene ästhetische Ergebnisse bieten. Leitliniengemäße Indikationen für einen regenerativen parodontalchirurgischen Eingriff in der Therapiestufe 3 sind tiefe residuale Taschen nach den Therapiestufen 1 und 2 in Verbindung mit vertikalen Defekten von ≥ 3 mm (röntgenologischer beziehungsweise knöcherner) Tiefe (Tabelle 1, Abbildung 2) und Grad-IIFurkationsdefekte im Unterkiefer (bukkal und lingual) und im Oberkiefer (bukkal) (Tabelle 3, Abbildung 3). Eine neue S3-Leitlinie zur Therapie der Parodontitis im Stadium IV [Herrera et al., 2022] empfiehlt sogar regenerative parodontal-chirurgische Maßnahmen bei Zähnen, die aufgrund von weit fortgeschrittenen vertikalen Defekten pathologische Zahnwanderungen erlitten haben und eine KFO-Therapie benötigen. Basierend auf ganz aktuellen klinischen Studien [Tietmann et al., 2021; Jepsen et al., 2021] wird empfohlen, bereits vier Wochen beziehungsweise drei Monate nach der regenerativen Operation mit der kieferorthopädischen Zahnbewegung zu beginnen. In den vergangenen Jahrzehnten hat sich gezeigt, dass verschiedene chirurgische Protokolle die parodontale Regeneration fördern und die klinischen Ergebnisse bei vertikalen und bei Furkationsdefekten der Klasse II verbessern können [Cortellini & Tonetti, 2015; Kao et al., 2015; Sanz et al., 2015; Miron et al., 2016]. Dazu gehören Lappenoperationen in Kombination mit: \ Implantation von Knochentransplantaten/Knochenersatzmaterialien \ Membrantechniken (gesteuerte Geweberegeneration = GTR) \ Schmelzmatrixderivat (EMD) (Abbildung 4) \ Kombinationen der oben genannten Optionen Auch hier gibt die S3-Leitlinie dezidierte Empfehlungen, welche Kriterien bei der Auswahl des Biomaterials eine Rolle spielen sollten [Sanz et al., 2020]: „Behandler sollen die Wahl des spezifischen Biomaterials zur Unterstützung der Regeneration von Knochentaschen (oder Furkationsbefall Grad II) auf Basis der Erfüllung aller folgender Kriterien fällen [Proceedings of the World Workshop in Periodontics, Lindhe et al., 1996]: \ Verfügbarkeit stichhaltiger präklinischer Studien, die plausible Mechanismen aufzeigen, die zu parodontaler Regeneration führen; MANAGEMENT VON KNOCHENTASCHEN Evidenzbasierte Empfehlung (3.7): Zähne mit tiefen Resttaschen und Knochentaschen von 3 mm oder tiefer sollen regenerativ behandelt werden. Konsensstärke: Konsens Quelle: Leitlinie, [DG PARO/DGZMK, 2020] Empfehlungsgrad BIOMATERIALIEN Evidenzbasierte Empfehlung (3.8): In der regenerativen Parodontalchirurgie sollen entweder Membranen oder Schmelz-Matrix-Proteine mit oder ohne Zusatz von Knochenersatzmaterial (Bone-derived Grafts) angewendet werden.* Konsensstärke: Konsens Quelle: Leitlinie, [DG PARO/DGZMK, 2020]*; *Zusatzinformation in der Leitlinie. Empfehlungsgrad LAPPENDESIGN Evidenzbasierte Empfehlung (3.9): Es soll ein Lappendesign mit maximalem Erhalt der interdentalen Gewebe, wie z. B. der Papillenerhaltungslappen, angewendet werden. Unter bestimmten Umständen soll die Mobilisation des Lappens limitiert werden, um die Wundstabilität zu verbessern und die Morbidität zu verringern. Konsensstärke: Konsens Quelle: Leitlinie, [DG PARO/DGZMK, 2020] Empfehlungsgrad ZM-LESERSERVICE Die Literaturliste kann auf www.zm-online.de abgerufen oder in der Redaktion angefordert werden. Tab. 1 74 | ZAHNMEDIZIN
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