zm112, Nr. 19, 1.10.2022, (1830) rung die Entscheidung zu einem konservativen Vorgehen mit engmaschigen klinischen sowie radiologischen Kontrollen getroffen. Eine Evaluation etwaiger chirurgischer Eingriffe zur ästhetischen Rehabilitation bei Persistenz oder Progredienz der knöchernen Wucherungen soll im Verlauf nach Abschluss der Pubertät erfolgen. Aktuell befindet sich die heute zwölfjährige Patientin im regelmäßigen Recall in ambulanter Sprechstunde. Aktuelle radiologische Verlaufskontrollen zeigen eine minimale Progredienz der dysplastisch veränderten Knochenanteile des linken Unterkiefers (MRT, Abbildung 4). Unter bedarfsgerechter Analgesie mit Paracetamol und Novaminsulfon bei episodischen Schmerzen sind im Kontext der geringfügigen Progredienz, aber sonstigen Beschwerdefreiheit weitere, kurzfristige Verlaufskontrollen mittels MRT vereinbart. DISKUSSION Bei der fibrösen Dysplasie handelt es sich um eine mit einer Prävalenz von etwa 1:30.000 auftretende [Chapurlat und Orcel, 2008], langsam fortschreitende Fehldifferenzierung des knochenbildenden Mesenchyms, bei dem die normale Knochenstruktur infolge progredienter Umbauvorgänge durch fibrotisches Gewebe und desorganisierte Knochentrabekel ersetzt wird, die vom physiologischen Wachstumsschema der betroffenen Knochen abweichen [Kimitsuki und Komune, 2015]. Die Erkrankung wurde erstmals von McCune und Bruch im Jahr 1937 beschrieben [McCune und Bruch, 1937] und lässt sich in drei verschiedene Unterformen klassifizieren [Nager et al., 1982]: ! monostotische Form (ein Knochen betroffen), ! polyostotische Form (mehrere Knochen betroffen) sowie ! McCune-Albright-Syndrom (schwere, polyostotische Verlaufsform mit Endokrinopathien und Hyperpigmentierung der Haut). Ursächlich für die Entstehung einer fibrösen Dysplasie ist eine postzygotische beziehungsweise somatische Missense-Mutation im GNAS-Gen („guanine nucleotide-binding protein, alpha-stimulating activity polypeptide“) auf Chromosom 20, das für die stimulierende α-Untereinheit eines regulatorischen G-Proteins codiert [Ostertag und Glombitza, 2018]. Folge dieser Mutation im GNAS-Genkomplex ist eine gesteigerte Aktivität der Adenylatzyklase mit konsekutiver Erhöhung von cAMP (zyklisches Adenosinmonophosphat) [Salpea und Stratakis, 2014], das bei dauerhaft pathologisch erhöhten Spiegeln zu charakteristischen, der fibrösen Dysplasie entsprechenden Zellformveränderungen führt [Riminucci et al., 1997]. In den meisten Fällen (70 Prozent) tritt die fibröse Dysplasie – wie im vorgestellten Fall – in monostotischer Form auf, wobei zehn Prozent dieser Manifestationen auf den Bereich des Gesichtsschädels entfallen [Windholz, 1947]. Etwa drei Viertel der Erkrankten sind unter 30 Jahren alt, Neuerkrankungen bei älteren Patienten sind deutlich seltener. Eine geschlechterspezifische Kumulation konnte nicht nachgewiesen werden [Hart et al., 2007]. Häufig handelt es sich um Zufallsbefunde, wobei als typische Prädilektionsstellen neben der Schädelbasis die proximale Metaphyse des Femurs, die Rippen und das Becken gelten [Anitha et al., 2015]. Der klinische Verlauf der monostotischen fibrösen Dysplasie ist häufig asymptomatisch und stagniert für gewöhnlich eigenständig nach Erreichen der Skelettreife in der Pubertät. Klinisch imponieren beim Auftreten am Schädel oftmals ausschließlich schmerzlose, asymmetrische Gesichtsschwellungen, die bei enoraler Manifestation unilateral posteriore Anteile Abb. 2: Die Computertomografie (CT) (a: coronar, b: sagittal) weist milchglasartige Volumenvermehrungen des linken Kieferwinkels mit Ausbreitung in den Proc. coronoideus und ins angrenzende Collum mandibulae auf. Quelle: Peer W. Kämmerer ZM-LESERSERVICE Die Literaturliste kann auf www.zm-online.de abgerufen oder in der Redaktion angefordert werden. a b 32 | ZAHNMEDIZIN
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