Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 19

zm112, Nr. 19, 1.10.2022, (1838) URTEILE AUS DEM ARBEITSRECHT MYTHEN UND WAHRHEITEN ZUM ARBEITSZEUGNIS Immer wieder sind Arbeitszeugnisse Verfahrensgegenstand an Arbeitsgerichten. Andrea Schannath, Rechtsexpertin des Virchowbunds, ordnet vier Urteile der vergangenen Jahre ein. Zwei Bedingungen gelten grundsätzlich für ein Arbeitszeugnis: Es muss inhaltlich der Wahrheit entsprechen, darf also nichts Unrichtiges enthalten, und es muss wohlwollend beziehungsweise positiv formuliert sein. So fordert es das Gesetz laut § 630 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Denn das Zeugnis darf den weiteren Lebensweg und die Karriere des ehemaligen Arbeitnehmers nicht behindern. Die eventuelle Gratwanderung zwischen dem Wohlwollen und der Wahrheitspflicht führt mitunter zu verklausulierten Formulierungen im Zeugnis – sogenannten Geheimcodes. Diese Codes sind für zukünftige Arbeitgeber nicht irrelevant, wenn sie einen Arbeitnehmer neu einstellen, erklärt die Rechtsexpertin Andrea Schannath beim Virchowbund. Denn wer diese Codes kennt, könne sich vor unangenehmen Überraschungen schützen. Gibt es diese versteckten Codes wirklich? So suggeriert die Reihenfolge der Aufzählung in einem Satz, wie beispielsweise „Frau X war bei Kollegen, Patienten und Vorgesetzten beliebt”, dass das Verhältnis zu den Vorgesetzten etwas problematisch war, erklärt Schannath. Ein juristisch bedenkliches Geheimzeichen ist hingegen eine unterstrichene Telefonnummer im Dokument. Sie weist darauf hin, dass ein Arbeitgeber bereit ist, telefonisch über vom Zeugnis abweichende Informationen Auskunft zu geben. Klagt ein Arbeitnehmer gegen ein solches Zeugnis, dürfte er nach Einschätzung der Expertin gute Chancen vor Gericht haben. Unterschrift des Chefs ist nicht zwingend nötig: Tatsächlich muss das Arbeitszeugnis nicht vom Praxisinhaber unterschrieben sein, wenn ein Personalleiter, eine Praxismanagerin oder eine Person mit entsprechender Befugnis das Dokument ebenfalls unterzeichnen kann. Diese Personen sind dann das gesetzliche Vertretungsorgan. Was in großen Unternehmen gilt, ist auch in Kleinbetrieben möglich. Wenn das Zeugnis eine andere Unterschrift trägt, sehen Richter darin keine Nachteile für Arbeitnehmer. So wurde etwa am Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein entschieden (Urteil vom 23.06.2016, Az.: 1 Ta 68/16). Ein Zeugnis darf geknickt, musst aber „kopierfähig” sein Trägt das Arbeitszeugnis eine Faltspur und Heftklammer, ist das zulässig. Denn auch wenn es unschön erscheint, darf das Arbeitszeugnis für einen normal großen Geschäftsbriefumschlag gefaltet werden. Mehrere Seiten dürfen auch zusammengeheftet sein. Wichtig ist allerdings, dass das Zeugnis kopierfähig ist. Das bedeutet, dass sich die Knicke auf der Kopie nicht abzeichnen dürfen. Ein Knick im Zeugnis ist kein unerlaubtes Geheimzeichen, erklärt Schannath. Ein häufig geäußerter Verdacht: Muss der Chef das Zeugnis unterschreiben? Was bedeutet ein Knick im Brief und wann muss das Dokument vorliegen? Mit diesen Fragen haben sich verschiedene Gerichte beschäftigt. Foto: HNFOTO – stock.adobe.com 40 | URTEIL

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