zm112, Nr. 19, 1.10.2022, (1880) bedingten infektiösen Endokarditis beobachten. Unsere Daten zeigen, dass der Anstieg nur bei der Streptokokken-vermittelten Endokarditis, im Gegensatz zu Enterokokken- und Staphylokokken-vermittelten Endokarditis zu verzeichnen war. Während frühere Studien keinen Anstieg der Inzidenz der infektiösen Endokarditis, insbesondere von Streptokokken-vermittelter Endokarditis zeigten [Duval et al., 2012; Desimone et al., 2012], geben neuere Studien mit großen Patientenzahlen und langen Nachbeobachtungszeiträumen, die ebenfalls eine steigende Tendenz der Inzidenz der Endokarditis zeigten, ebenfalls Anlass zur Sorge [Pant et al., 2015; Dayer et al., 2015]. Vor allem im Vereinigten Königreich, wo die NICE-Leitlinien eine vollständige Einstellung der Antibiotikaprophylaxe empfehlen, zeigten die jüngsten bevölkerungsbezogenen Daten einen deutlichen Anstieg der EndokarditisFälle bei zeitgleichem Rückgang der Verschreibungsraten für Antibiotikaprophylaxe von 10.900 auf 2.236 pro Monat [Dayer et al., 2015]. Allerdings können wir sowie auch andere Autoren nur den zeitlichen Zusammenhang der veränderten restriktiveren Prophylaxe-Empfehlungen mit dem Anstieg der Streptokokken-vermittelten infektiösen Endokarditis beschreiben. Ein kausaler Zusammenhang konnte bislang nicht nachgewiesen werden. Obwohl nach 2009 offensichtlich mehr Patientinnen und Patienten mit höherem Risikoprofil und mehr Komorbiditäten operiert wurden, sei es, weil die Rate der Hochrisikopatienten zunahm, oder weil eine Operation durch eine verbesserte perioperative Behandlung auch bei diesen komplexen Fällen möglich war, bleibt die Frage offen, warum die Streptokokken-vermittelte Endokarditis (und nur diese) zunahm. Gerade bei dieser Hochrisikopatientenpopulation würde man eigentlich eher eine Zunahme der Therapieassoziierten Infektionen mit Staphylococcus aureus erwarten. Interessanterweise ändert sich jedoch die Prävalenz der Staphylococcus-aureusassoziierten Endokarditis nicht signifikant, während die Prävalenz der durch Streptokokken vermittelten infektiösen Endokarditis nach 2009 deutlich zunimmt. Da die weit verbreitete Antibiotikaprophylaxe vor 2009 vor allem gegen Streptokokken gerichtet war und die Einschränkung der Antibiotikaprophylaxe nun ausschließlich zu einem Anstieg der Streptokokken-vermittelten Endokarditis führte, ist man geneigt, hier einen Zusammenhang zu sehen, auch wenn dieser nicht kausal nachgewiesen werden kann. Daher sind weitere prospektive multizentrische Studien erforderlich, um zu untersuchen, ob die restriktiveren Empfehlungen zur Antibiotikaprophylaxe überdacht werden sollten. \ UMFRAGE Um validere Daten zur gängigen Praxis hinsichtlich der Antibiotikaprophylaxe im zahnärztlichen Alltag zu sammeln, möchten wir Sie gerne zur Teilnahme an unserer Umfrage zur Endokarditis-Prophylaxe bei zahnärztlichen Eingriffen einladen. Der zeitliche Aufwand zur Bearbeitung der Fragen beträgt fünf bis sieben Minuten, so dass Sie schnell und ohne Vorbereitung teilnehmen können. Bitte beantworten Sie die Fragen unabhängig vom vorangegangenen Artikel, damit wir einen reellen Eindruck zur aktuell praktizierten Antibiotikaprophylaxe erhalten. Zugriff auf die Umfrage erhalten Sie über diesen Link: https://endocarditis-guidelines. limesurvey.net/948486?lang=de oder über den QR-Code. Streptokokken-assoziierte Endokarditis vor und nach Änderung der 2009-ESC-Leitlinien 0 200 400 600 800 1.000 1995 1997 1999 2001 2003 2005 2007 2009 2011 2015 2013 Streptokokken assoziierte Endokarditis Jahr p=0,002 Abb. 3: Inzidenz der Streptokokken-bedingten Endokarditis vor und nach Änderung der 2009-ESCLeitlinien mit restriktiveren Antibiotikaprophylaxe-Empfehlungen Quelle: Dr. Georgi Petrov, CAMPAIGN study group 82 | MEDIZIN
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