Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 20

zm112, Nr. 20, 16.10.2022, (1954) AUS DER WISSENSCHAFT In dieser Rubrik berichten die Mitglieder des wissenschaftlichen Beirats der zm regelmäßig über interessante wissenschaftliche Studien und aktuelle Fragestellungen aus der nationalen und internationalen Forschung. Die wissenschaftliche Beirat der zm besteht aus folgenden Mitgliedern: Univ.-Prof. Dr. Elmar Hellwig, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg Univ.-Prof. Dr. Dr. Søren Jepsen, Universität Bonn Univ.-Prof. Dr. Florian Beuer, Charité – Universitätsmedizin Berlin Univ.-Prof. Dr. Dr. Peer W. Kämmerer, Universitätsmedizin Mainz AUS DER WISSENSCHAFT Führen tiefe subgingivale Restaurationen zu Gingivitis oder Parodontitis? Elmar Hellwig Wenn besonders tiefe Kariesläsionen ohne Kronenverlängerung oder orthodontische Extrusion behandelt werden, reichen die Restaurationen oft in subgingivale Areale hinein. Ist deren Oberfläche glatt, können Irritationen, Entzündungen der Gingiva und schlussendlich Knochenverlust im Parodont vermieden werden – das haben bisherige Studien für die Stufenelevationstechnik mit indirekten Restaurationen zeigen können. Nun hat ein Autorenteam die Problematik auch für direkte Restaurationen untersucht. Bei der Entfernung alter Restaurationen beziehungsweise bei der invasiven Therapie einer tiefen approximalen Karies ergeben sich nicht selten gleich mehrere Probleme. Zum einen kann sich die Anfertigung neuer Restaurationen sehr schwierig gestalten, zum anderen könnte es zu einer Verletzung der biologischen Breite kommen, die rein theoretisch in eine Entzündung des Parodonts mündet. Dies würde letztlich bedeuten, dass man vor Anfertigung der Restauration eine Kronenverlängerung oder eine orthodontische Extrusion des entsprechenden Zahnes vornehmen müsste. Es hat sich allerdings gezeigt, dass die chronische Entzündung der Gingiva und ein eventueller Knochenverlust vermieden werden können, wenn die entsprechende Restauration im subgingivalen Bereich glatt ist und nicht zu einer Irritation führt. Mit einer speziellen Technik ist es möglich, dieser Anforderung nachzukommen, wenn man Kompositrestaurationen anfertigt, die tief subgingival enden. Dabei wird zunächst der gingivale Restaurationsrand mithilfe der „Schneepflugtechnik“ (snowploughtechnique) angehoben und anschließend in einem zweiten Schritt die Kompositrestauration vervollständigt. Bisher gibt es zu dieser Technik hauptsächlich Fallberichte beziehungsweise In-vitro-Studien, die allerdings eine begrenzte Aussagekraft bezüglich der allgemeinen klinischen Anwendbarkeit besitzen. Die bisher veröffentlichten klinischen Studien beziehen sich häufig auf die Stufenelevation mit anschließender indirekter Restaurationstechnik. Die vorliegende Studie beschäftigte sich nun mit rein direkten Restaurationen in der oben beschriebenen Technik und untersuchte, ob es zu gingivalen, parodontalen Entzündungszeichen kommt, wenn die Technik verwendet wird. MATERIAL UND METHODE Zunächst wurden Patienten identifiziert, die in den Jahren 2010 bis 2020 eine Kompositrestauration erhalten hatten, die subgingival endete. Zusätzlich mussten diese Patienten mindestens einen kariesfreien Zahn oder einen Zahn mit einer Restauration, die nicht mit der Gingiva in Kontakt stand, aufweisen. Alle Restaurationen waren in der Heidelberger beziehungsweise Tübinger Universitätszahnklinik gelegt worden. Bei der Restauration wurde die oben beschriebene Zwei-Schritt-Technik verwendet. Nach der Kariesentfernung wurde der approximale Kavitätenrand angehoben, Kofferdam wurde nicht gelegt, die Feuchtigkeitskontrolle erfolgte mit Watterollen und Absaugung. Zudem wurden Retraktionsfäden gelegt. Es wurde ein Drei-SchrittEtch-and-Rinse-Adhäsivsystem verwendet und ein Flowable mit einem Hybridkomposit eingebracht. Dabei kam die „Schneepflugtechnik“ zum Einsatz und mögliche Überhänge wurden sorgfältig entfernt. Anschließend wurde Kofferdam gelegt und unter Anwendung einer Teilmatrize und eines Keils der okklusale Teil einer Kavität eingebracht. Dann wurde die Restauration finiert und poliert. Insgesamt wurden 63 Patienten eingeschlossen, wobei das mittlere Alter der Restaurationen 2,7 ± 1,9 Jahre betrug. Die klinische Untersuchung be44 | ZAHNMEDIZIN

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