Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 20

zm112, Nr. 20, 16.10.2022, (1966) INTERVIEW MIT DEM SCHEIDENDEN DGZMK-PRÄSIDENTEN ROLAND FRANKENBERGER Die Metaperspektive im Blick und die Zahnmedizin im Herzen In seiner Antrittsrede vor drei Jahren versprach Prof. Dr. Roland Frankenberger, sich vor allem für die Einheit der Zahnmedizin stark zu machen und wollte „jetzt richtig Gas geben“. Keine zwei Monate später begann die Pandemie, die plötzlich ganz andere Herausforderungen aufwarf und alle Energie absorbierte. Erst gut zwei Jahre später kehrte schrittweise Normalität zurück. Blieb dadurch zu wenig Zeit, etwas zu bewegen? Wir haben den „Corona-Präsidenten“ der DGZMK zur Bilanz seiner Amtszeit befragt. Herr Prof. Frankenberger, Wissenschaft und Wissenschaftspolitik leben von der Kommunikation und vom Austausch. Wie stark sind Sie durch Pandemie und Lockdowns ausgebremst worden? Prof. Dr. Roland Frankenberger: Zunächst einmal stand natürlich alles im Zeichen der Improvisation, da persönliche Treffen über lange Strecken unmöglich waren. Da aber die komplette Kommunikation binnen weniger Tage auf Online-Formate umgestellt wurde, litt der Austausch per se gar nicht, er war sogar intensiver als davor. Das Problem war, dass Corona alle anderen Themen absorbierte. Für uns war das gar nicht schlecht, denn als „im Auge des Orkans“ arbeitende Berufsgruppe stand die Zahnmedizin ja sehr schnell im Fokus. Ich erinnere mich noch gut an die von uns beim MFT gegründete nationale Taskforce Corona, die sich zu Beginn wöchentlich online zur Lehre in Medizin und Zahnmedizin ausgetauscht hat. So etwas gab es vorher nie und es war wunderbar fruchtbar, da wir ja gerade am Anfang alle im starken Nebel auf Sicht fuhren. Wie heißt es so schön – Charakter ist das, was sich zeigt, wenn es ungemütlich wird. Die deutsche Zahnmedizin hat in der Krise Charakter gezeigt. Die digitalen Formate haben Chancen generiert? Wo sich die digitalen Formate extrem bewährt haben und auch nicht mehr verschwinden werden, sind große Sitzungen. Was das alleine an Reisekosten, Zeit und CO 2 gespart hat und in Zukunft sparen wird, ist großartig. Ein Sitzungstag beginnt heute so: Computer einschalten, einwählen, fertig. Präsenzsitzungen sind nur noch wichtig, wenn absehbar so richtig gestritten wird – das geht nämlich online sehr schlecht. Auch Tagungen und Kongresse wie der Deutsche Zahnärztetag migrierten in die Onlinewelt – und das durchaus erfolgreich … Gerade der „Deutsche Zahnärztetag online kompakt“ war ein typisches Beispiel dafür, wie man innerhalb kürzester Zeit ein interessantes Format aus dem Boden stampfen kann, das bei den Kolleginnen und Kollegen auch großen Anklang fand. Für mich war der entscheidende Aspekt, dass wir seit langer Zeit wieder ein trilaterales Podium auf die Beine stellten und sogar der damalige Gesundheitsminister Spahn ein Grußwort beisteuerte. Das hätte alles ohne den pandemischen Hintergrund niemals geklappt. „Es gibt nur eine Zahnmedizin.“ – Dieser Satz ist wohl eine ihrer bekanntesten Aussagen, der weit über Ihre Amtszeit hinaus in Erinnerung und vielleicht auch als Mahnung bleiben wird. Weshalb ist Ihnen der Satz so wichtig? Ich bin jetzt seit 56 Semestern an der Uni und seit 44 Semestern Hochschullehrer. Was ich in dieser Zeit an Zwistigkeiten zwischen den Fächern UNIV.-PROF. DR. MED. DENT. ROLAND FRANKENBERGER 2019–2022: Präsident der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK) seit 2009: Universitätsprofessor (W3) und Direktor der Abteilung für Zahnerhaltungskunde, Med. Zentrum für ZMK, Philipps-Universität Marburg Frankenberger ist Mitglied im Editorial Board von zahlreichen nationalen und internationalen Fachzeitschriften und ist Ad-hoc-Reviewer für über 40 wissenschaftliche Journale. Quelle: DGKiZ (br) 56 | POLITIK

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