Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 20

zm112, Nr. 20, 16.10.2022, (1995) und das ist ja bekannt, heißt es in stressigen Phasen: wenig Alkohol, viel Schlaf und regelmäßige Erholungsphasen! Finger weg von Beruhigungs- oder Schlaftabletten! Damit beginnt ein Teufelskreis. Wer viel leistet, muss sich auch immer wieder erholen. Wir Zahnärzte tragen ein hohes Maß an Verantwortung und dürfen uns klar sein, dass wir eben auch Pausen brauchen“, rät der Experte. „Und auch das Handy mal aus der Hand legen und nicht immer in der Freizeit erreichbar sein.“ Aufgrund der verschiedenen lokalen Rahmenbedingungen und Messmethoden sind die Studien nur bedingt vergleichbar. Dennoch kommen sie zum gleichen Ergebnis: Das Burn-outSyndrom ist unter der Zahnärzteschaft weit verbreitet, weil bestimmte Faktoren die Berufsgruppe besonders anfällig machen. LL ZM-LESERSERVICE Die Literaturliste kann auf www.zm-online.de abgerufen oder in der Redaktion angefordert werden. Fluktuation, weniger gut funktionierende Abläufe, mehr Stress für alle und so weiter. Spätestens dann wird es nicht nur persönlich ungesund, sondern betriebsgefährdend. Glücklicherweise wächst gerade eine neue Generation in die Verantwortung, die diese Dinge anders handhaben will und für sich selbst ein anderes Modell möchte. Aber gerade die kommen in ein wirtschaftliches Umfeld, das zunehmend anspruchsvoller wird. Die Personalführung erfährt jedoch einen neuen Stellenwert, ebenso nehmen auch hier die Anforderungen eher zu. Wie können Auswege oder Alternativen aussehen, um die InhaberInnen in Zukunft besser zu unterstützen? Am Anfang steht die ehrliche Bestandsaufnahme jedes Inhabers oder jeder Inhaberin bei sich selbst: Wie geht es mir? Habe ich ein Praxiskonzept organisiert, in dem ich mich persönlich mit meinen Bedürfnissen gesund bewegen kann? Oder fühle ich mich als Gefangener in meinem eigenen Konstrukt? Diese Ehrlichkeit gegenüber sich selbst ist nicht schön und kann schmerzen. Wer will schon eingestehen, dass er nicht alles im Griff hat und man selbst auch nicht mehr alleine die Lösung produzieren kann? Ab diesem Punkt gilt es durchzuatmen und die Dinge zu sortieren. Einen Berg besteigt man Schritt für Schritt. Wir haben ein Modell erarbeitet, in dem wir über die drei Dimensionen Person, Organisation und Praxiskultur über 30 Einzelaspekte identifiziert haben, die man überprüfen darf. Das hilft, den großen Berg in kleine Etappen zu zerlegen und zu prüfen, ob man an dem jeweiligen Punkt schon sauber aufgestellt ist oder ob Handlungsbedarf besteht. Ziel ist es auch, dass Arbeits- und Freizeitpensum danach festzulegen und regelmäßige Auszeiten zu nehmen. Ist es langfristig nicht besser neun als zwölf Stunden zu arbeiten – für den Gehirnstoffwechsel und die mentale Gesundheit? Was kann ein Inhaber heute schon tun, damit es ihm im Arbeitsalltag besser geht? Man muss sich ganz bewusst Zeit für sich freischaufeln. Unser Gehirn braucht unabdingbar wirkliche Ruhepausen, um die Informationsdichte unseres intensiven Arbeitsalltags zu verarbeiten. Zeit zur Reflexion und des Klarwerdens ist so enorm wichtig. Das sind neurowissenschaftliche Erkenntnisse, was unser Gehirn braucht, um langfristig gesund zu bleiben. Und das Gehirn ist das Organ, in dem das sogenannte „Mentale“ produziert wird. Der wohl wichtigste Tipp überhaupt ist so einfach, wie zu oft vernachlässigt: Jeden Tag ausreichend schlafen und dabei eine Routine entwickeln, damit dieser Schlaf auch seine gesundheitsschützende Funktion erfüllen kann. Leider ist es ein verklärtes Symbol vermeintlicher „High Performance“ mit wenig Schlaf auszukommen. Welchen Vorteil hat es noch, wenn sich die Praxisführung mit dem Thema der mentalen Gesundheit beschäftigt? Die Praxis als Ganzes profitiert, weil der emotionale Stress reduziert wird. Das führt zu weniger Krankheit, mehr Zufriedenheit. Am langen Ende geht es mir aber darum, dass die Praxis auch nach außen sichtbar deutlich machen kann, einen mental gesunden Arbeitsplatz zu bieten. Ich glaube, dass das der zentrale Aspekt ist, nach dem viele Fachkräfte entscheiden, ob sie zu uns kommen, bei uns bleiben oder uns verlassen. Es ist nicht das Geld, das die Damen bei uns hält. Es sind zum überwiegenden Teil das Miteinander, das Team und das Gefühl als Mensch willkommen und wertgeschätzt zu werden. Die ZFA-Community untereinander weiß, in welchen Praxen man gerne arbeiten möchte und wo man sich besser fernhält. Nur weil eine Stelle frei ist und egal wie aufwendig auch ein Marketing gestaltet ist – wenn der Ruf der Praxis versaut ist, werden nicht die gewünschten Bewerbungen reinkommen. Ein ausgeglichenes Arbeitsklima zu schaffen lohnt sich demnach auch an der Stelle nachhaltig. Das Gespräch führte Laura Langer. PRAXIS | 85

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