Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 21

zm112, Nr. 21, 1.11.2022, (2042) DER BESONDERE FALL MIT CME Das pleomorphe Adenom des Gaumens Diana Heimes, Keyvan Sagheb, Peer W. Kämmerer Das pleomorphe Adenom ist der häufigste Speicheldrüsentumor des Menschen. Er wächst meist langsam und schmerzlos über Jahre hinweg. Doch wie gelingt eine rechtzeitige Diagnose – insbesondere wenn es sich um eine maligne Transformation handelt? Der vorliegende Fall beschreibt den Weg zwischen dem erstmalig beobachteten klinischen Befund einer progredienten Schwellung des Gaumens bis hin zur Diagnose und Therapie. Eine 26-jährige Patientin stellte sich mit einer seit einem Monat bestehenden Raumforderung im Bereich des harten und weichen Gaumens in der Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie der Universitätsmedizin Mainz vor. In der klinischen Untersuchung zeigte sich eine nicht verschiebliche, nicht druckdolente Raumforderung des Gaumens mit Größenprogredienz, so dass die Indikation zur bildgebenden Diagnostik mittels Magnetresonanztomografie (MRT) gestellt wurde. In der MRT kam ein glatt begrenzter, 2,7 cm x 2,2 cm x 2,0 cm messender, homogen Kontrastmittel aufnehmender Befund am Übergang vom Hart- zum Weichgaumen zur Darstellung (Abbildung 2). In der Zusammenschau des radiologischen Befunds mit der klinisch nachvollziehbaren Größenprogredienz wurde die Indikation zur Exzisionsbiopsie in Intubationsnarkose gestellt. Im Hinblick auf die schon in der Bildgebung gut abgrenzbare, vermutlich abgekapselte Raumforderung wurde eine Schnittführung über das Punctum maximum gewählt. Danach erfolgte das stumpfe Herauspräparieren in toto unter Kontinuitätserhalt der Muskel- und Schleimhautschicht in Richtung Nasopharynx. Zur Reduktion des Totraums wurde ein hämostyptischer Kollagenschwamm mit Antibiotikazusatz in die Wundhöhle eingebracht und die Wunde mehrschichtig vernäht (Abbildung 3). Aufgrund des hohen Schwellungs- und Blutungsrisikos erfolgte eine 48-stündige stationäre Überwachung. Der weitere postoperative Verlauf gestaltete sich unter antibiotischer und analgetischer Therapie unauffällig, so dass die Patientin wie geplant nach zwei Tagen in die ambulante Weiterbetreuung entlassen werden konnte. In der histopathologischen Aufarbeitung zeigte sich ein mehrschichtig mit Plattenepithel überkleidetes fibröses Gewebe mit subepithelial scharf begrenzten Läsionen aus myxoidem Stroma mit solide und trabekulär wachsenden epithelialen und myoepithelialen Zellen. Ebenso sichtbar waren tubuläre Strukturen und randlich miterfasstes muköses Speicheldrüsengewebe. So wurde die Diagnose eines pleomorphen Adenoms gestellt. DISKUSSION Speicheldrüsentumore machen nur etwa 0,5 Prozent aller Tumore und sechs Prozent der Kopf-Hals-Tumore aus. 80 Prozent der Speicheldrüsentumore liegen in der Parotis, davon wiederum können 80 Prozent als benigne klassifiziert werden. Das pleomorphe Adenom ist der häufigste Speicheldrüsentumor des Menschen. Der Begriff „pleomorph“ bezieht sich auf die variable Morphologie der Zusammensetzung des Tumorgewebes, wobei es sich nicht wirklich um unterschiedliche Gewebeentitäten handelt, da der Tumor aus nicht mehr als einer Keimschicht entspringt. Tumore, die aus den kleinen Speicheldrüsen entstehen, sind selten und machen nur ein Viertel aller Speicheldrüsentumore aus; hiervon ist das pleomorphe Adenom mit einem Anteil von 45 Prozent auch der häufigste Tumor kleiner Speicheldrüsen [Gujer et al., 2013; Radhika et al., 2020; Yousra und Saliha, 2021]. Foto: Keyvan Sagheb Abb. 1: Klinischer Befund bei Erstvorstellung: Sichtbar ist eine rundliche Raumforderung am Übergang zwischen hartem und weichem Gaumen. DR. MED. DIANA HEIMES Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer und Gesichtschirurgie – plastische Operationen, Universitätsmedizin Mainz Augustusplatz 2, 55131 Mainz Foto: privat 20 | ZAHNMEDIZIN

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