Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 21

zm112, Nr. 21, 1.11.2022, (2073) liniengruppe empfiehlt, dass die Patienten nach jeder chirurgischen Therapie für einige Tage die Einnahme von weicher Kost und die Vermeidung weiter Kieferöffnungen beachten sollten (Empfehlungsgrad B, starker Konsens, LoE 2+). Des Weiteren können vor allem nach einer Eigenbluttherapie und nach Operationen am Kapsel-Band-Apparat immobilisierende Maßnahmen Anwendung finden (Empfehlungsgrad 0, starker Konsens, LoE 2+). Die Immobilisation dient dabei der Limitierung der maximalen Kieferöffnung, von einer starren Fixierung wird abgeraten. Die Angaben zur Dauer der Immobilisation in der Literatur variieren stark. Unter dem Aspekt der medikamentösen Therapie finden insbesondere eine adäquate Schmerztherapie und gegebenenfalls eine perioperative Antibiotikatherapie Beachtung, zum Beispiel falls bei der Eminektomie intraoperativ eine Pneumatisierung der Eminentia articularis festgestellt wird [Shorey/Campbell, 2000]. Bei Folgeschäden wie Okklusionsstörungen (zum Beispiel anterior offener Biss infolge therapierefraktärer persistierender Luxationen) kann ein individualisiertes Vorgehen unter Einsatz des Spektrums der funktionellen Gelenkchirurgie sowie rekonstruktiver und dysgnathiechirurgischer Verfahren erforderlich werden (Empfehlungsgrad 0, starker Konsens, LoE 5). PRÄDISPONIERENDE FAKTOREN Bei den prädisponierenden Faktoren sind vor allem angeborene und erworbene neurologische und neuromuskuläre Erkrankungen sowie autoimmune Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises, Parafunktionen und Hyperaktivität der Protrusoren und Mundöffner, triggernde Okklusionsstörungen, anatomische Besonderheiten der Eminentia articularis oder der Gelenkgrube sowie angeborene oder erworbene Skelett- und Weichteilveränderungen oder eine konstitutionelle Hyperlaxie (unter anderem Ehlers-Danlos Syndrom, Marfan-Syndrom, Down-Syndrom) zu nennen. Auf dem Boden der Prädisposition führt ein auslösender Faktor zur Luxation. Auslösende Faktoren sind beispielsweise bei der rezidivierenden Luxation eine weite Kieferöffnung, wie sie beim Gähnen, Abbeißen oder Lachen vorkommt. Auch iatrogen ausgelöste Luxationen werden beobachtet, unter anderem bei anti-dopaminerger Medikation [Davies et al., 2018], längeren Zahnbehandlungen (zum Beispiel Zahnextraktionen) und Intubationen oder endoskopischen Untersuchungen. Hier kann es auch zu den ansonsten eher seltenen einseitigen Luxationen kommen [Dellon/Steele, 2016]. Ursächlich ist eine verlängerte und forcierte Kieferöffnung bei medikamentös herabgesetzter Muskelspannung. Es besteht die Gefahr, die Luxation bei dem sedierten Patienten zunächst nicht zu bemerken. Daher sollte vor jeder OP mit Intubationsnarkose der Patient nach bereits aufgetretenen Luxationen und Risikofaktoren für eine Luxation befragt werden (Empfehlungsgrad B, starker Konsens, LoE 5). Bei vorbestehender Kiefergelenkdysfunktion oder Luxationen in der Vorgeschichte sollte der Patient zudem über das Risiko einer Abb. 4: Extraorale Repositionsmethode: auf anderer Seite Finger um Kieferwinkel, Daumen auf Jochbogen als Widerlager, Druck mit Fingern nach ventral zur vermehrten Dislokation ipsilateral TITEL | 51

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