zm112, Nr. 21, 1.11.2022, (2074) Zunahme der Beschwerdesymptomatik durch die Munddehnung im Rahmen einer Narkose aufgeklärt werden (Empfehlungsgrad B, starker Konsens, LoE 5). Außerdem sollte vor und nach jeder Intubation die funktionelle Kieferbewegung überprüft werden, um eine Luxation auszuschließen (Empfehlungsgrad B, starker Konsens, LoE 5). Bei Risikopatienten kann eine fiberoptische Intubation beziehungsweise eine Intubation mit einem D-Blade-Spatel und Videolaryngoskopie in Erwägung gezogen werden, da auch nach Intubation mit Larynxmaske Fälle von Kiefergelenkluxationen beschrieben sind (Empfehlungsgrad 0, starker Konsens, LoE 5). SCHLUSSFOLGERUNGEN Die Behandlung der Kiefergelenkluxation sollte frühzeitig beginnen, da so degenerative Veränderungen oder deren Progression infolge einer rezidivierenden Luxation oder einer zunehmenden Luxationsfrequenz begrenzt werden können und konservative/minimalinvasive Therapieverfahren noch bessere Aussichten auf Erfolg haben (Empfehlungsgrad B, starker Konsens, LoE 4). Auf dem Gebiet der minimalinvasiven Therapie hat sich in den vergangenen Jahren insbesondere im Bereich der Eigenbluttherapie eine hohe Evidenzlage etablieren können. Bezüglich operativer Therapieverfahren erschweren die variablen Follow-up-Zeiträume, die inhomogenen Zielparameter und die unterschiedlichen operativen Verfahren einschließlich endoskopischer Ansätze bis dato allerdings noch den Vergleich und die Bewertung von Langzeitergebnissen. Weitere RCTs und systematische Reviews wären wünschenswert, um die verschiedenen operativen Verfahren besser beurteilen zu können. Welche Therapie letztendlich die beste Aussicht auf Erfolg hat, ist abhängig von vielen Faktoren – beispielsweise Pathogenese, Alter des Patienten, Nebendiagnosen, Compliance/Adhärenz, Ziel und Versorgungstrukturen. Deshalb sollte das für jeden Einzelfall beste Therapieverfahren individuell auf der Basis einer gründlichen Anamnese und Untersuchung eruiert werden (Empfehlungsgrad B, starker Konsens, LoE 4). \ Diese Leitlinie wurde unter Mitwirkung zahlreicher Expertinnen, Experten und Fachgesellschaften erstellt. Als Autorinnen und Autoren waren PD Dr. med. dent. M. Oliver Ahlers (Hamburg) von der Deutschen Gesellschaft für Funktionsdiagnostik und -therapie (DGFDT), PD Dr. med. dent. Felix Kunz (Würzburg) von der Deutschen Gesellschaft für Kieferorthopädie (DGKFO), Univ.-Prof. Dr. med. dent. Peter Ottl (Rostock) von der Deutschen Gesellschaft für Prothetische Zahnmedizin und Biomaterialien e.V. (DGPro), Prof. Dr. med. Grietje Beck (Mannheim) von der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie & Intensivmedizin (DGAI), Ima Feurer (Radolfzell) vom Deutschen Verband für Physiotherapie e.V. (ZVK) sowie Univ.-Prof. Dr. med. Dr. med. dent. Andreas Neff (Marburg) von der Deutschen Gesellschaft für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie (DGMKG) (federführend) an der Erstellung der Leitlinie beteiligt. Des Weiteren bedanken sich die Autoren für die Unterstützung im Rahmen der Erstellung des Leitlinienentwurfs bei Univ.-Prof. Dr. med. Dr. med. dent. Johannes Kleinheinz, Univ.-Prof. Dr. med. Dr. med. dent. Andreas Kolk, Prof. Dr. med. Dr. med. dent. Christoph Pautke, Dr. med. Dr. med. dent. Andreas Schön, Dr. Linda Skroch, )Dr. med. Dr. med. dent. Marcus Teschke und Dr. med. ZM-LESERSERVICE Die Literaturliste kann auf www.zm-online.de abgerufen oder in der Redaktion angefordert werden. PROF. DR. MED. DR. MED. DENT. ANDREAS NEFF Mund-, Kiefer- und plastische Gesichtschirurgie des Universitätsklinikums Marburg Baldingerstraße, 35043 Marburg Foto: privat KERNAUSSAGEN \ Bei akuter Luxation ist eine unverzügliche Reposition essenziell, um einen komplizierten Verlauf sowie Folgeschäden abzuwenden. \ Zur manuellen Reposition sind die Wrist-Pivot-Methode und die Methode nach Hippokrates ebenbürtige Alternativen. \ Für Patienten mit reduzierter Compliance oder erhöhtem OP-Risiko eignen sich vor allem minimalinvasive Verfahren, unter diesen hat die Therapie mit Eigenblut die höchste Evidenz. \ Bezüglich operativer Verfahren ist die Evidenzlage weiterhin schlecht, sodass evidenzbasierte Empfehlungen höheren Grades nach wie vor nicht möglich sind. \ Da Luxationen auch iatrogen ausgelöst werden können, sollte vor jeder OP mit Intubationsnarkose der Patient nach bereits aufgetretenen Luxationen und nach Risikofaktoren für eine Luxation befragt werden MERLE RIECHMANN Mund-, Kiefer- und plastische Gesichtschirurgie des Universitätsklinikums Marburg Baldingerstraße, 35043 Marburg Foto: privat 52 | TITEL
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