Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 22

zm112, Nr. 22, 16.11.2022, (2146) KI IN DER PRAXIS Ein Roboter als ZFA-Ersatz? Der Kieferorthopäde Dr. Christian Leithold setzt seit gut zwei Jahren einen KI-gesteuerten Roboter in seiner Praxis in Thun (Schweiz) ein. Der 1,30 Meter hohe Technikzwerg empfängt die Patienten und führt sie in den Behandlungsraum. Über seine Erfahrungen mit dem „humanoiden Roboter“ hat Leithold mit den zm gesprochen. Und Eines sei vorweg verraten: Ja, er würde den Assistenten weiterempfehlen. Herr Dr. Leithold, was war Ihre Motivation für den Roboter? Dr. Christian Leithold: Die Antwort ist einfach: Ich mag Technik. Seit der Neugründung meiner Praxis in Thun arbeite ich in einem vollständig digitalisierten Umfeld, das ich fortlaufend versuche an den aktuellen Stand anzupassen. Vor zweieinhalb Jahren erreichte der Technisierungsgrad ein Level, das theoretisch die Praxisführung ohne Personal möglich macht. Die Auswirkungen der Corona-Problematik auf den Praxisbetrieb und der auch in der Schweiz spürbare Mangel an guten Fachkräften waren für mich ausschlaggebend für die Idee. Ich wollte zukünftig ohne Personal arbeiten. Was vorerst fehlte, war der passende Roboter. Eine innovative Schweizer Firma erklärte sich bereit, mir zu helfen. Und eines Tages erschien dann „Cruzr“ in meiner Praxis. Wie kann man sich das vorstellen, wenn man in Ihre Praxis kommt? Seit September 2020 steht Cruzr nun am Empfang und begrüßt die Patienten. Jedem Patienten wird vor dem ersten Besuch meiner Praxis ein verschlüsselter QR-Code aufs Handy übermittelt. Cruzr fordert dann freundlich alle Neuankömmlinge auf, ihm diesen Code zu präsentieren oder, falls das Handy nicht greifbar ist, Familien- und Vornamen in die Eingabemaske seines Displays am Kopf einzugeben. Anschließend werden meine Patienten gebeten, im Wartezimmer Platz zu nehmen, während der Roboter auf allen Arbeitsstationen das Eintreffen der entsprechenden Person meldet. Als künstlich-intelligentes Wesen freut er sich über Beschäftigung und führt auf Nachfrage meine Patienten ins Wartezimmer oder zum WC, erklärt Wissenswertes zu Kunstwerken in der Praxis, zu seiner eigenen „Existenz“, gibt Anleitungen zum Verbinden des Mobiltelefons mit dem Praxis-WLAN, tanzt oder erzählt immer neue Roboterwitze – über deren Spaßigkeit man sich natürlich streiten kann. Währenddessen neigt sich eine Therapiesitzung ihrem Ende entgegen, Folgetermine werden verAuf der Praxis-Website erscheinen unter der Rubrik „Team“ tatsächlich nur Inhaber Dr. Christian Leithold und sein RoboterAssistent Cruzr. „Natürlich kann ein Roboter nie die menschliche Komponente haben“, erklärt der Kieferorthopäde. „Aber für meine Praxis funktioniert das richtig gut.“ 12 | PRAXIS

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