zm112, Nr. 22, 16.11.2022, (2174) Im Jahr 2020 wurde erstmals die international anerkannte Gesichtsschmerz-Klassifikation, die „International Classification of Orofacial Pain“ (ICOP) eingeführt [ICOP Committee, 2020]. Sie ist eng angelehnt an die dritte Auflage der Internationalen Klassifikation von Kopfschmerzerkrankungen (ICHD-3) der Internationalen Kopfschmerzgesellschaft, die 2018 erstmalig erschienen ist [IHS, 2018]. Die ICOP soll helfen, Gesichtsschmerzsyndrome besser zu klassifizieren und so die adäquate interdisziplinäre Versorgung der betroffenen PatientInnen im klinischen Alltag zu gewährleisten. Gesichtsschmerzsyndrome werden laut ICOP in sechs Gruppen eingeteilt. Bei den Gruppen eins bis drei handelt es sich um Erkrankungen des Kauapparats mit 1. symptomatischen Schmerzen der Zähne und des Zahnhalteapparats, 2. myofaszialen Gesichtsschmerzen und 3. Kiefergelenkschmerzen. Diese Erkrankungen sind ZahnärztInnen vertraut, die Diagnosestellung ist eindeutiger und die Behandlung liegt im Spektrum der Zahn-, Mund-, Kieferheilkunde. Zu den Gruppen vier bis sechs zählen Gesichtsschmerzsyndrome, die nicht primär von den Zähnen, dem Zahnhalteapparat oder dem Kiefergelenk ausgehen (Abbildung 1). Hier unterscheidet man 4. Gesichtsschmerzen aufgrund von Erkrankungen oder Läsionen der Hirnnerven, etwa neuropathische Gesichtsschmerzen wie der posttraumatische trigeminusassoziierte Gesichtsschmerz (Post-traumatic trigeminal neuropathic pain PTTN) oder die Trigeminusneuralgie, 5. Gesichtsschmerzen, die den primären Kopfschmerzsyndromen ähneln, zum Beispiel die faziale Migräne oder der faziale Clusterkopfschmerz, sowie 6. das idiopathische Gesichtsschmerzsyndrom. Jene Syndrome sind in der Praxis häufig nicht leicht zu diagnostizieren und erfordern eine intensive interdisziplinäre Behandlungsstrategie, die die Fachbereiche der Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde, der Neurologie sowie der Psycho- und Schmerztherapie potenziell mit einschließt [5]. Bei diesen KrankheitsbilKLASSIFIZIERUNG UND THERAPIE Gesichtsschmerzsyndrome im zahnärztlichen Alltag Katharina Besch, Sima Daneshkhah, Vanessa Ciancia, Arne May, Thomas Beikler, Martin Gosau, Christian Knipfer Viele Patienten mit Gesichtsschmerzen sind zuerst in der Zahnarztpraxis vorstellig. Das Gros zeigt dabei kein greifbares dentales Korrelat zu den angegebenen Schmerzen. Viele ZahnärztInnen sind jedoch mit Klassifizierung und adäquater Therapie des nicht-dentalen Gesichtsschmerzes nur wenig vertraut. Daraus können sich Behandlungsdefizite mit langfristigen Folgen ergeben. Zahnärztliche Eingriffe können schlimmstenfalls sogar zu einer Ausbreitung und Chronifizierung der Schmerzen führen. Foto: AdobeStock_Aleksej
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