Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 22

zm112, Nr. 22, 16.11.2022, (2198) INTERVIEW ZUM WELTDIABETESTAG „Zahnärzte und Diabetologen müssen besser kooperieren dürfen!“ Die wechselseitigen Einflüsse zwischen einem Diabetes mellitus und einer Parodontitis gelten inzwischen wissenschaftlich als sehr gut belegt. Der Bundesverband der Niedergelassenen Diabetologen (BVND) und die Bundeszahnärztekammer (BZÄK) haben im September dieses Jahres eine Aufklärungskampagne gestartet, um gemeinsam die Öffentlichkeit über die Zusammenhänge beider Erkrankungen aufzuklären. Zum Weltdiabetestag am 14. November haben die zm Vertreter beider Institutionen gefragt, was über die Aufklärung hinaus getan werden sollte. Frau Dr. Ermler, Herr Dr. Scheper, die Zusammenhänge zwischen Diabetes und Parodontitis sind in der wissenschaftlichen Fachöffentlichkeit gut bekannt. Inwieweit ist dieses Wissen bereits in den Praxen angekommen? Dr. Nikolaus Scheper: Das Bewusstsein für dieses Problem der wechselseitigen Beeinflussung von Diabetes und Zahngesundheit ist bei den ärztlichen Kollegen bislang noch nicht so verbreitet. Wenn sich ein Diabetes verschlechtert, liegt es häufig an nicht ausreichend adhärentem Patientenverhalten oder bekannten medizinischen Ursachen. Ein gewisser Teil der Erkrankungsprogression wird natürlich traditionell als nicht änderbar akzeptiert. Hier liegt für mich der Anknüpfungspunkt, das Bewusstsein für kritische Nachfragen zu schärfen und die Kenntnis von der Parodontitis als Risikofaktor zu etablieren. Dr. Romy Ermler: Ich denke, in der Zahnärzteschaft wird das Thema inzwischen als Problem wahrgenommen. Das liegt an den vielen Publikationen und Fortbildungsangeboten sowie an der allgemeinen Fokussierung auf das Thema in der letzten Dekade. Parodontitis gilt seit über zehn Jahren als eine weitere DiabetesFolgeerkrankung. Deshalb erwarten wir auch mit großer Spannung die wichtige sektorübergreifende Leitlinie „Parodontitis und Diabetes“ als weiteren Baustein im Paro-Leitlinienkanon der letzten Jahre ... Wann können wir denn mit dem Erscheinen der Leitlinie rechnen? Ermler: Durch die Corona-Pandemie ist es leider zu Verzögerungen gekommen. Doch die Arbeit ist inzwischen in einem sehr fortgeschrittenen Stadium. Die Empfehlungen sind weitgehend fertiggestellt. Gegenwärtig werden noch Hintergrundtexte mit der aktuellen Literatur abgeglichen. Bis Ende dieses Jahres soll der zwischen DGZMK, DDG und DG PARO konsentierte Text dem erweiterten Kreis der beteiligten Fachgesellschaften – hier ist auch die BZÄK eingebunden – zur finalen Stellungnahme zugesandt werden. So wie ich es höre, dürfen wir also im nächsten Jahr mit dem Erscheinen der Leitlinie rechnen. Welche klinischen Konsequenzen ergeben sich aus den Erkenntnissen der Wissenschaft? Ermler: Diabetespatienten müssen zahnmedizinisch enger betreut werden. Dabei spielt zunächst einmal die Parodontitisprävention eine wichtige Rolle: Diabetespatienten haben ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung parodontaler Erkrankungen. Für die Prävention wichtig sind die Qualität der häuslichen Mundhygiene, die ständige Remotivation seitens des Zahnarztes und die regelmäßigen Kontrolluntersuchungen in der Zahnarztpraxis. Auch die Bedeutung der Professionellen Zahnreinigung für die Parodontitisprävention ist nicht zu unterschätzen. DR. ROMY ERMLER ... ist Vizepräsidentin der Bundeszahnärztekammer. Foto: BZÄK DR. NIKOLAUS SCHEPER ... ist Facharzt für Diabetologie und Vorstandsvorsitzender des Bundesverbandes Niedergelassener Diabetologen e.V. (BVND). Foto: privat 64 | ZAHNMEDIZIN

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