zm112, Nr. 23-24, 1.12.2022, (2264) EIN INTERDISZIPLINÄRER FALL Penetrierende Schussverletzung am Hals durch Armbrustbolzen Christian Gross, Tanja Hildenbrand, Anna Hein, Thea Reuter, Niklas Deeg, Philipp Poxleitner Schussverletzungen am Hals werden meistens durch Feuerwaffen-Projektile verursacht – dass für eine Schussverletzung ein per Armbrust abgeschossener Bolzen verantwortlich ist, kommt selten vor. Der folgende Fallbericht schildert die interdisziplinäre Notfallversorgung einer Patientin, die von gleich zwei Armbrustbolzen getroffen wurde. Eine 53-jährige Patientin wurde mit zwei, die zervikalen Weichteile vollständig penetrierenden Armbrustbolzen luftgebunden in den Schockraum der universitären Notaufnahme des Universitätsklinikums Freiburg eingeliefert. Die Frau war im privaten Umfeld mit einer Armbrust angegriffen worden. Im Schockraum war die Patientin wach, zu allen Qualitäten orientiert und kardiorespiratorisch stabil. Das Sprechen war durch die Fixierung des Unterkiefers an die zervikalen Weichteile durch einen der beiden Bolzen eingeschränkt. Es bestand keine aktive Blutung. Das Kopf/Hals-CT mit Kontrastmittel zeigte einen kranialen Bolzen mit Eintritt in die rechte Gl. parotidea, Penetration des rechten Ramus mandibulae und Austritt kaudal der linken Mandibula sowie einen kaudalen Bolzen mit Eintritt von anteromedial rechts auf Höhe des Larynx und Austritt im lateralen Halsdreieck links mit Kompression der linken V. jugularis externa. Zudem waren eine Kompression der V. jugularis interna links und ein Weichteilemphysem im Bereich des linken Larynx sichtbar (Abbildung 1). Radiologisch bestand kein Anhalt für eine Verletzung der Trachea oder für einen Pneumothorax. Die begleitende CT-Angiografie erbrachte keinen Hinweis auf größere traumatische Verletzungen der zervikalen Gefäße. Abb. 1: CT Hals-Thorax mit Kontrastmittel: a: 3-D-Rekonstruktion, Ansicht von frontal mit den zwei Armbrustbolzen: Im CT sind lediglich die metallischen Bolzenspitzen zu sehen. Der Schaft der Bolzen besteht aus Karbonfasern und ist nicht radioopak. Der kraniale Bolzen perforierte die rechte Gl. parotidea, den rechten Ramus mandibulae sowie den Mundboden und trat mit der Spitze kaudal der linken Mandibula aus. Der kaudale Bolzen mit Eintritt von anteromedial rechts auf Höhe des Larynx mit Kontakt zur V. jugularis anterior rechts, ventral des Schildknorpels links am Hinterrand des M. sternocleidomastoideus mit engem Kontakt und Kompression der V. jugularis interna links und Austritt im lateralen Halsdreieck links mit engem Kontakt und Kompression der V. jugularis externa. b: 3-D-Rekonstruktion, Ansicht von rechts: Der kraniale Bolzen perforierte den rechten Ramus mandibulae. c: axial: kaudaler Armbrustbolzen, dem Larynx und der V. jugularis interna unmittelbar aufliegend mit begleitendem Weichteilemphysem Quellen: DeepUnity Diagnostics (Dedalus HealthCare), Universitätsklinikum Freiburg a b c 22 | ZAHNMEDIZIN
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