Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 23-24

zm112, Nr. 23-24, 1.12.2022, (2268) einhergehen, erfolgt anhand von anatomisch-topografischen Zonen (Zone I–III) [Nowicki et al., 2018; Ozturk et al., 2006; Steenburg et al., 2010]. Zone I erstreckt sich von der Clavicula bis zum Schildknorpel, Zone II vom Schildknorpel bis zum Unterkieferwinkel und Zone III vom Unterkieferwinkel bis zur Schädelbasis. Im vorliegenden Fall waren alle Zonen involviert. Die hohe Letalität penetrierender Halsverletzungen ist auf die Vielzahl von vital wichtigen anatomischen Strukturen, die verletzt werden können – etwa die Trachea, der Ösophagus oder die Aa. carotidea – zurückzuführen. Vor allem eine Verletzung der A. carotis geht mit einer Mortalitätsrate von bis zu 17 Prozent und einer Inzidenz von zerebralen Infarkten von bis zu 28 Prozent einher, lag jedoch im vorliegenden Fall nicht vor [Ramadan et al., 1995]. Therapie Die operative Behandlung einer penetrierenden Halsverletzung durch einen Armbrustbolzen besteht aus der Sicherung der Atemwege sowie der Vermeidung größerer Blutungen. Essenziell ist, dass die Bolzen nicht ohne operative Darstellung des Schusskanals entfernt werden, da hierdurch eine gegebenenfalls bestehende Gefäßtamponade aufgehoben werden und eine unkontrollierbare Blutung auftreten kann [Lambert et al., 2020; Rao et al., 1983; Suematsu et al., 2022; Tisherman et al., 2008]. Im vorliegenden Fall wurde der Schusskanal der Bolzen über einen zervikalen Zugang zu den Halsweichteilen dargestellt. Die Entfernung der Bolzen erfolgte langsam, nach Darstellung der betroffenen Gefäße, so dass im Fall einer Blutung diese hätten unterbunden beziehungsweise rekonstruiert werden können. Während der Entfernung der Bolzen kann zusätzlich eine endovaskuläre Katheterisierung der betroffenen Gefäße mit intraoperativer Flouroskopie erwogen werden. Im Fall einer größeren unkontrollierbaren Blutung kann dadurch ein Gefäßverschluss erfolgen, zum Beispiel mittels Ballonkatheter oder Coils [Suematsu et al., 2022; Suzuki et al., 2021]. \ FAZIT FÜR DIE PRAXIS \ Penetrierende Schussverletzungen am Hals durch Armbrustbolzen sind eindrücklich. \ In Abhängigkeit von der Konfiguration der Bolzen und der betroffenen anatomischen Strukturen können diese Verletzungen jedoch aufgrund einer Tamponade der Halsweichteile durch die Bolzen selbst mit einer guten Prognose einhergehen. \ Die Therapie sollte interdisziplinär erfolgen und besteht aus einer operativen Entfernung der Bolzen nach Darstellung des Schusskanals unter Sicherung der Atemwege und Blutungsvermeidung. \ Ein unkontrolliertes Herausziehen der Bolzen kann zu letalen Blutungen führen und muss unterlassen werden. DR. MED. THEA REUTER Klinik für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, Universitätsklinikum Freiburg Killianstr. 5, 79106 Freiburg Foto: privat DR. MED. NIKLAS DEEG Klinik für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, Universitätsklinikum Freiburg Killianstr. 5, 79106 Freiburg PD DR. MED. DR. MED. DENT. PHILIPP POXLEITNER Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, Klinikum der Universität München Lindwurmstr. 2a, 80337 München Foto: Uniklinik Freiburg 26 | ZAHNMEDIZIN

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