Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 1-2

In der Parodontologie stehen gute und Erfolg versprechende Therapiekonzepte zur Verfügung, die in vielen Fällen den Erhalt von primär kritisch eingestuften Zähnen auch über einen längeren Zeitraum möglich machen. Implantate sind bei ausreichendem Knochenangebot eine gute Behandlungsoption für den Ersatz fehlender Zähne, zeigen aber bei Parodontitispatienten im Gegensatz zu parodontal Gesunden ein häufigeres Auftreten von Periimplantitis. Nachwie vor gibt es für die Periimplantitis kein entsprechendes Therapieregime, das das Wiederauftreten periimplantärer Erkrankungen dauerhaft und voraussagbar einheitlich verhindern kann [Ramanauskaite, 2021]. Zahnerhalt mittels Parodontitistherapie Können wir Zähne vorhersagbar länger erhalten? Eine bestehende Parodontitis kann gut und vorhersagbar behandelt werden. Je nach Schweregrad und Defektmorphologie stehen verschiedene Therapiemöglichkeiten zur Verfügung. Parodontal erkrankte Patienten sollten nach einem stufenweise aufeinander aufbauenden Therapiekonzept behandelt werden [DG PARO, 2021]. In der ersten Therapiestufe werden Patienten motiviert und unterstützt, Risikofaktoren (wie Rauchen, unkontrollierter Diabetes mellitus, Plaqueakkumulation) zu beeinflussen. In der zweiten Therapiestufe erfolgt die subgingivale Instrumentierung aller behandlungsbedürftigen Parodontien (≥4 mm Sondierungstiefe). Diese Maßnahme stellt ein wirksames Mittel zur Entzündungskontrolle dar. Nach der Ausheilung der parodontalen Gewebe schließt sich eine Reevaluation an, um das Behandlungsergebnis zu beurteilen. Bei vielen Patienten führt diese nichtchirurgische Therapieform bereits zu einem erfolgreichen Ergebnis und zum Erreichen von gewünschten Endpunkten (Taschensondierungstiefe ≤ 4 mm ohne Bluten auf Sondieren). Bei flachen Taschen (4 bis 6 mm) kann mit einer Reduktion der Taschensondierungstiefe von 1,4 mm nach sechs bis acht Monaten gerechnet werden, tiefere Taschen (> 6 mm) zeigen eine größere mittlere Reduktion der Taschensondierungstiefe von 2,6 mm und der mittlere Anteil an geschlossenen Taschen liegt nach dieser Therapieform bei 74 Prozent [Suvan et al., 2020]. Das Bluten auf Sondieren reduziert sich durchschnittlich um 63 Prozent. Liegen noch Resttaschen von 4 mm mit Blutung und ≥ 5 mm vor, wird eine Reinstrumentierung vorgenommen. Die adjuvante Anwendung bestimmter systemischer Antibiotika kann für bestimmte Risikogruppen (zum Beispiel generalisierte Parodontitis Stadium III oder IV bei jungen Erwachsenen) erwogen werden. Insbesondere die Kombination aus Amoxicillin und Metronidazol kann das Resultat der subgingivalen Instrumentierung verbessern [Teughels et al., 2020]. Bereiche, die nicht adäquat auf die zweite Therapiestufe angesprochen haben, werden in einer dritten Therapiestufe (Chirurgische Parodontitisthezm113 Nr. 01-02, 16.01.2023, (42) 42 | ZAHNMEDIZIN FORTBILDUNG „DIE ZWEITE CHANCE“ Zahnerhalt versus Extraktion und Implantation bei Parodontitispatienten Petra Ratka-Krüger, Anne Kruse, Luisa Thiemann, Tobias Fretwurst, Johan Wölber Sollen parodontal erkrankte Zähne erhalten oder mit der Perspektive einer anschließenden Implantatversorgung extrahiert werden? Diese Entscheidung beeinflusst unter anderem die Kaufähigkeit, die Lebenszufriedenheit, den Behandlungsaufwand und die Risiken für zukünftige Komplikationen. Deshalb sollte sie evidenzbasiert und gemeinsam mit der Patientin oder dem Patienten getroffen werden. Der Beitrag diskutiert die komplexen Abwägungen, die der Entscheidungsfindung zugrunde liegen und gibt klare Empfehlungen. Abb. 1: Ausgangssituation eines Parodontitispatienten mit einem parodontal stark kompromittierten Zahn 43 mit 11 mm Sondierungstiefe. Im Zahnfilm ist ein entsprechender vertikaler Defekt visualisierbar.

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